Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Umweltsünde Mikroplastik
Kleinste Partikel in Kosmetik- und Reinigungsmitteln belasten die Gewässer zunehmend
- Das Peeling befreit das Gesicht von Hautschüppchen. Die Creme füllt Falten auf, das Make-up sorgt für ein geschmeidiges Aussehen. Damit die Hersteller ihr Versprechen bei der Kundschaft einlösen können, setzen die meisten auf Plastikpartikel in der Kosmetik. Die Stoffe sind nur wenige Millimeter groß, in der Umwelt bleiben sie vermutlich dauerhaft. Ein großes Problem, wie Umweltschützer zum heutigen Weltwassertag mahnen.
Mikroplastik wird nicht nur in Kosmetikprodukten oder Reinigungsmitteln verwendet. Kleinste Plastikteilchen entstehen durch Reifenabrieb im Straßenverkehr und den Zerfall von Kunststoffen. Man spricht hier von sogenanntem sekundären Mikroplastik. Die Reste landen in der Umwelt, in Seen, Flüssen und Meeren tauchen die Partikel wieder auf. Sie über Kläranlagen herauszufiltern, ist unmöglich.
„Plankton, kleinere Krebstiere bis hin zu größeren Fischen nehmen die Stoffe auf, weil sie sie beispielsweise mit Nahrung verwechseln“, sagt Sandra Schöttner von Greenpeace. Hinzu kommt: Je kleiner ein Partikel ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie vom Magen-DarmTrakt ins umliegende Gewebe oder den Blutkreislauf der Lebewesen gelangen können. Nicht nur die Partikel selbst sind ein Fremdkörper in den Tieren. Auch die Schadstoffe, die beigemengt wurden, sind ein Problem. Damit das Material beispielsweise feuerfest oder hitzebeständig ist oder eine bestimmte Farbe hat, werden zusätzliche Substanzen hinzugefügt. Beides hat mögliche Folgen für Tiere, Pflanzen, Menschen – und zwar langfristig.
Wie groß die Menge an Mikropartikeln aus Kunststoff ist, die jedes Jahr eingesetzt werden, ist unklar. Experten des Bundesumweltamtes gehen in einer Studie von rund 500 Tonnen primärer Mikropartikel allein aus Polyethylen aus, die in Deutschland in kosmetischen Mitteln verwendet werden. Bei Reinigungsund Waschmitteln sind es unter 100 Tonnen. Die Palette der eingesetzten Kunststoffe geht jedoch weit über Polyethylen hinaus. Insgesamt schätzen Wissenschaftler, dass etwa sechs bis zehn Prozent der weltweiten Kunststoffproduktion in den Weltmeeren landen. Wie groß die Menge an Mikropartikeln aus Textilien, durch Reifenabrieb im Straßenverkehr oder bei der Verarbeitung von Kunststoffen ist – dazu gibt es bisher keine Schätzungen.
Die Kosmetikindustrie geht davon aus, das der Anteil von festen Kunststoffpartikeln aus kosmetischen Mitteln in Gewässern sehr gering ist. Birgit Huber vom Industrieverband Körperpflege und Waschmittel spricht von Zahlen zwischen 0,1 und 1,5 Prozent Anteil am Gesamteintrag in der Nordsee. Der europäische Industrieverband empfiehlt allen Mitgliedern bis 2020 feste, nicht abbaubare Kunststoffpartikel, die des Reinigungseffekts wegen eingesetzt werden, zu ersetzen. Greenpeace fordert Verbot Naturkosmetikhersteller verzichten auf Mikroplastikpartikel. Die Produkte von Weleda beispielsweise sind nach den Kriterien des NatrueLabels zertifiziert. Das bedeutet, dass nur Naturstoffe verwendet werden, Kunststoffe scheiden aus. Bei Peeling-Produkten verwendet das Unternehmen aus Schwäbisch Gmünd Wachskügelchen aus Carnaubaund Bienenwachs.
Die Bundesregierung setzt auf freiwillige Vereinbarungen mit den konventionellen Herstellern. Im sogenannten Kosmetikdialog wurde ein Ausstieg bis 2020 vereinbart. Das reicht Greenpeace nicht aus. Vor allem, weil die Hersteller sich häufig auf ihre eigene Definition von Mikroplastik berufen. Schöttner plädiert für ein gesetzliches Verbot in Produkten, die typischerweise ins Abwasser gelangen, nach dem Vorbild der USA, Kanada oder auch Großbritannien. Das Verbot soll sämtliche Kunststoffe einschließen – unabhängig von deren Zustand, Größe, Wasserlöslichkeit oder Funktion. Vor allem in ländlichen Gebieten sind manche Haushalte noch nicht an die Kanalisation angeschlossen. Wie die Situation in Oberschwaben und auf der Alb ist, lesen Sie unter schwaebische.de/weltwassertag