Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der pfälzischste „Tatort“aller Zeiten
Ludwigsburger Laientheater profitiert auch Wochen nach der Ausstrahlung vom Ruhm
(dpa) - Die Aufregung um den Ludwigshafener „Tatort: Babbeldasch“, der am 26. Februar in der ARD lief, hat sich inzwischen gelegt. Regisseur Axel Ranisch hatte in dieser speziellen Folge des SWR auf ein klassisches ausformuliertes Drehbuch verzichtet und setzte stattdessen auf Improvisation. Die Meinungen im Feuilleton gingen ebenso auseinander wie die der „Tatort“-Fans. Eines ist jedoch unstrittig: Es war der mit Sicherheit pfälzischste „Tatort“aller Zeiten. Das Volkstheater, das in dem Fernsehkrimi eine zentrale Rolle gespielt hat, profitiert aber weiter von der bundesweiten Publicity. Denn kleine Bühnen haben es nicht leicht.
Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und ihr Team hatten in „Babbeldasch“viel mit den Theaterleuten zu tun, die von den Amateurschauspielern des (realen) Ludwigshafener Mundarttheaters Hemshofschachtel gespielt wurden. Für die Pfälzer Mundart-Ikone Malou Mott, die in dem Krimi ermordet wird, und den künstlerischen Leiter der Hemshofschachtel, Andreas Assanoff, war das Mitwirken am „Tatort“jedenfalls ein Erlebnis. Und der Krimi brachte ihrer kleinen Bühne trotz der teils negativen Kommentare eine Menge Positives. „Viele, die uns noch nicht kannten, sind auf uns aufmerksam geworden“, sagt der 66-jährige Theatermacher. „Wir merken, dass verstärkt Anfragen aus der Kurpfalz kommen. Es gibt aber auch überregionales Interesse: Es sind Leute aus Düsseldorf, Braunschweig, München und Frankfurt gekommen, um dieses Theater hier einmal kennenzulernen.“
Die seit 30 Jahren in einem Hinterhof betriebene Hemshofschachtel hat ihre treuen Fans. Die Pfälzer Mundart in dem Film, die bundesweit viele Krimifans irritierte, kam nach Aussage der Theaterchefin bei den Ludwigshafenern sehr gut an. „Die haben sich seit Jahrzehnten aufgeregt: ein Film aus Ludwigshafen, wo keiner Pfälzisch kann und man nichts von der Stadt sieht. Und jetzt hatten sie ganz viel davon.“
„Es hat vielen Kurpfälzern wehgetan, dass im Zusammenhang mit der Medienberichterstattung zum ,Tatort’ davon die Rede war, dass Pfälzisch der unbeliebteste Dialekt in Deutschland sei“, berichtet der gebürtige Ludwigshafener Assanoff, der anders als Mott auch lupenreines Hochdeutsch beherrscht. Ob das stimme, könne er nicht beurteilen.
Für Mott, die ebenfalls in Ludwigshafen geboren wurde, aber in Paris aufwuchs, ist Hochdeutsch „eine tote Sprache, da gibt es kein Hoch und kein Tief und kein Garnichts“. Gelernt hat sie die Pfälzer Mundart nach eigenen Worten erst, als sie in den 1970er-Jahren mit ihrem Mann von Paris nach Ludwigshafen gezogen ist. „Ich hatte hier das Gefühl, ich verstehe alles. Von der Melodie her haben die wie wir in Paris gesprochen.“ Generationsübergreifende Stücke Die Hemshofschachtel kann den Publicity-Schub durch den „Tatort“gut gebrauchen. Denn wirtschaftlich tragen muss sich das Theater vor allem durch Kartenverkäufe. Mott und Assanoff haben ihr eigenes Rezept gefunden, um ihre Bühne am Leben zu halten. „Wir setzen auf die Jugend“, so Assanoff. „Wir machen Stücke, die nicht altmodisch und verstaubt sind, sondern sich auch mit dem Zeitgeist beschäftigen. Und es ist ganz wichtig, Stücke auszuwählen, die mehrere Generationen auf die Bühne bringen.“
Gastspiele im Kurpfälzer Raum spielen wirtschaftlich betrachtet ebenfalls eine Rolle. „Als das vor etwa zwölf, 13 Jahren überall immer schwieriger wurde mit den Besucherzahlen und viele Theater kaputt gegangen sind, habe ich gesagt: Wenn wir unser Theater nicht mehr voll bekommen, dann müssen wir halt zu den Leuten gehen“, erinnert sich Mott. Trotz anfänglicher Skepsis in den eigenen Reihen hat sich das inzwischen bewährt. „Ohne die Gastspiele kämen wir nicht über die Runden“, bestätigt Assanoff.