Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wann Arbeitnehmer für Schäden geradestehen müssen
Die Haftung des Mitarbeiters hängt unter anderem von der Schwere des Fehlers ab
Richter begrenzen Haftung
Im Prinzip unterscheiden sich am Arbeitsplatz die Haftungsgrundsätze nicht vom Privatleben: „Jeder haftet für das, was er tut“, sagt der Anwalt Eric Uftring in Frankfurt. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die Haftung begrenzt. Der Grund: Oft steht ein verursachter Schaden in keinem Verhältnis zum Verdienst des Mitarbeiters. „Ein Gehalt ist keine Risikoprämie“, erläutert der Fachanwalt für Arbeitsrecht. Deshalb kann der Arbeitnehmer auch nicht für jeden Fehler voll belangt werden.
Schädigt der Arbeitnehmer die eigene Firma, haftet er nur beschränkt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn er mit dem Firmenwagen einen Unfall verursacht oder Kaffee über den Arbeitslaptop schüttet. „Die Rechtsprechung hat dafür ein Stufenmodell der Haftung entwickelt“, sagt Rechtsexperte Thomas Prinz von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Ob der Mitarbeiter für einen solchen Schaden haftet, hängt von der Schwere des Fehlers ab.
Grundsätzlich kommt es bei leichter Fahrlässigkeit zu keiner Haftung: „Das sind entschuldbare Pflichtverletzungen, die jedem einmal passieren können“, erklärt Prinz. Auch bei mittlerer Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nur anteilig. Dass ausschließlich der Mitarbeiter für einen Schaden geradestehen muss, kommt nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz in Betracht: „Dabei geht es um schwere Pflichtverletzungen, etwa dass Vorschriften nicht beachtet wurden.“Ob nun einfache, mittlere oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, das entscheiden im Zweifel Gerichte.
Für Personenschäden unter Arbeitskollegen haften Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Wenn der Schaden nicht vorsätzlich verursacht wurde, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung. Angestellte brauchen deshalb im Regelfall auch keine Berufshaftpflichtversicherung. Bei allen nicht betrieblichen Tätigkeiten hingegen haften sie persönlich: „Beschädigt ein Arbeitnehmer fahrlässig Sachen seiner Kollegen, wie Kleidung oder Brille, muss er für den Schaden aufkommen“, warnt Suliak. Eine private Haftpflichtversicherung sei deshalb unerlässlich.
Doch was ist mit Schäden, die Dritten – zum Beispiel einem Kunden – entstanden sind? Haftet dann der Mitarbeiter oder die Firma? „Betriebe haften bei schuldhafter Verletzung von vertraglichen Pflichten“, erklärt Suliak. Für Pfusch am Bau muss also die Baufirma geradestehen. Anders liegen die Dinge bei der sogenannten deliktischen Haftung: Wer fahrlässig oder vorsätzlich das Eigentum oder die Gesundheit eines Dritten schädigt, haftet persönlich und unbeschränkt. Darunter fällt zum Beispiel ein Unglück durch ein ungesichertes Baugerüst.
„Die deliktische Haftung trifft nicht nur den Betrieb, sondern auch den Arbeitnehmer“, warnt Suliak. „Beide haften als Gesamtschuldner gegenüber dem geschädigten Dritten.“Allerdings hat der Arbeitnehmer bei Schadenersatzforderungen einen Freistellungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber, erläutert Jurist Uftring. Jedenfalls gilt das, wenn er im betrieblichen Auftrag und nicht grob fahrlässig gehandelt hat. „In der Praxis wendet sich der Geschädigte deshalb meist direkt an den Inhaber des Betriebs.“
Die Betriebshaftpflichtversicherung deckt auch Schäden ab, die Dritten entstehen. Allerdings gibt es Grenzen: „Vorsätzlich herbeigeführte Schäden werden grundsätzlich nicht übernommen“, sagt Suliak. Grob fahrlässig herbeigeführte Schäden bezahlt die Versicherung nur dann, wenn dies im Vertrag vereinbart wurde. Drohende Kündigung Mitunter liegt die Schuld auch nicht allein beim Mitarbeiter: „Den Arbeitgeber kann eine Mitschuld treffen, etwa wenn er sein Personal nicht ordnungsgemäß eingewiesen hat“, erklärt Uftring. Auch wenn das Unternehmen es versäumt hat, eine betriebliche Haftpflichtversicherung abzuschließen, muss es den entsprechenden Teil der Schadenssumme selbst übernehmen. „Ein Mitarbeiter soll sich darauf verlassen können, dass sein Arbeitgeber entsprechende Vorkehrungen getroffen hat“, erläutert Prinz. Doch zur Wahrheit gehört auch: „Bei schweren Pflichtverletzungen muss ein Arbeitnehmer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.“Schlimmstenfalls droht die Kündigung. (dpa)