Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Feuerwerk der Kleinkunst-Elite
Biberacher Publikum erlebt einen hochkarätigen kabarettistischen Querschnitt
- Ein facettenreiches kabarettistisches Feuerwerk haben die Preisträger des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg bei der Verleihung der Preise am Dienstagabend in der gut gefüllten Biberacher Stadthalle abgebrannt. Höhepunkt der fast dreistündigen Gala war die Auszeichnung des schwäbischen Kabarettisten Uli Keuler mit dem Ehrenpreis.
Einen Preis für Schlagfertigkeit und Spontaneität hätte auch Moderator Bernd Kohlhepp verdient gehabt. Kurzweilig rettete er die Veranstaltung über die ersten 20 Minuten hinweg, in der Kunststaatssekretärin Petra Olschowski auf sich warten ließ und der Auftritt von Förderpreisträgerin Sarah Lesch krankheitsbedingt entfallen musste. So war es Kohlhepp, der die Ehrengäste in den vorderen Reihen – vom Landrat über den Ersten Bürgermeister bis hin zur SWR-Direktorin – in seine Moderationen einbezog und sie den ganzen Abend über zu Zielscheiben seiner Späßchen und Spötteleien machte.
Geradezu kabarettistisch mutete in diesem Zusammenhang an, dass besagte Staatssekretärin endlich doch noch auftauchte, den Saal nach ein paar hastigen Grußworten aber wieder verließ, um die deutsche Kultur im estnischen Talinn zu fördern. Solche Blitzauftritte kannte man früher nur von der „Wetten, dass ...?“-Couch.
Einem unterhaltsamen Abend tat dies aber keinen Abbruch. Förderpreisträger und Slampoet NektariosVlachopoulos aus Ludwigsburg unterhielt das Publikum unter anderem mit eigenwilligen Tiergedichten wie diesem: „Es war einmal 'ne Katze, die hatte eine Tatze. Ihr ging’s nicht gut dabei, es fehlten ihr ja drei.“
Highlights setzten mit ihren Programmausschnitten die drei Hauptpreisträger, allen voran Ulrich Michael Heissig aus Sindelfingen als Irmgard Knef, der fiktiven Zwillingsschwester von Hildegard Knef. Nicht nur das Outfit passte, Heissig hatte sich auch den bisweilen schnoddrig-vernuschelten Sprachduktus der späten Knef perfekt angeeignet. Außerdem hatte er einige ihrer Chansons umgetextet. Auch eine musikalische Liebeserklärung an Biberach war dabei, inklusive wegweisender Textzeilen wie: „Was soll ich in Bad Schussenried, wo man nicht mal 'nen reichen Russen sieht.“ „Unharmonischer Beischlaf“Dass Gesetzesparagrafen und Gerichtsurteile längst keine trockene Materie sind, sondern zu einem Kabarettprogramm erster Güte taugen, bewies Werner Koczwara aus Schwäbisch Gmünd. Der bekannte Satiriker führte das Juristendeutsch ad absurdum. Er brachte das Publikum zum Brüllen mit einem Amtsgerichtsprozess, bei dem der Kläger versucht hatte, einen „unharmonischen Beischlaf“aufgrund getrennt stehender Betten im Hotel als Reisemangel durchzusetzen. Nicht erfunden, sondern Realität!
Mit seinem „Rock-’n’-Roll-Kabarett“bediente der Hohenloher Michael Krebs am Flügel eine andere Sparte. Mit seinen Songs über Grundschullehrerinnen oder die Lügenpresse animierte er das Publikum zum Mitsingen, was allerdings nur teilweise gelang. Möglicherweise auch deshalb, weil sich auf diese Art von Musikkabarett auch andere Künstler so oder so ähnlich spezialisiert haben.
Großen Applaus und den Ehrenpreis durfte zum Schluss Kabarettist Uli Keuler aus Kirchheim/Teck entgegennehmen. Seit Jahrzehnten begeistert der 64-Jährige sein Publikum mit seinem bisweilen skurrilen Blick auf schwäbische Befindlichkeiten. Figuren, die jedem aus dem Alltag irgendwie bekannt sind, überzeichnet er mit hintersinnigem Sprachwitz und zum Teil bitterbösem Humor. So karikiert er herrlich den besorgten Helikoptervater, der kurz vor dem Abdrehen ist, weil sich der hochbegabte, studierende Sohnemann seit sechs Stunden nicht von der Geografie-Exkursion auf der Schwäbischen Alb gemeldet hat. Zum Schluss brilliert Keuler mit einer Hemingway-Parodie: „Der alte Mann und die Bügelwäsche“. Für das Biberacher Publikum würde man sich wünschen, dass es den einen oder anderen Preisträger demnächst mal mit dem kompletten Programm in der Stadt erleben dürfte. Weitere Fotos und ein Video gibt es unter www.schwaebische.de/ kleinkunstpreis2017