Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mit einem Lachen in den Mai
Jess Jochimsen bereichert die DGB-Veranstaltung in Laupheim kabarettistisch
- „Ich mag den DGB“, bekennt Jess Jochimsen am Donnerstag bei der Maifeier des Gewerkschaftsbunds in Laupheim, die er kabarettistisch bereichern wird, stellt aber gleich mal klar, dass keine Zugaben zu erwarten sind – die Arbeitszeit in einem solchen Umfeld ist schließlich tarifvertraglich geregelt. Dann parliert er munter drauf los, ein Meister des Wortspiels, der mit flinker Zunge, aber auch scharfzüngig Politik, Ökonomie und das Geschwätz mancher Leut’ in seinen Pointen verwebt. Der Freiburger gibt der Veranstaltung zum „Tag der Arbeit“eine ungewohnt leichte Note, ohne auf kritische Gedanken zu den Zuständen hier und andernorts zu verzichten. Genau das habe man erreichen wollen, bedeutet Antje Trosien vom DGB Südwürttemberg. Sie sieht die Organisatoren belohnt: Mehr Publikum war selten.
„Solidarität statt Populismus“heißt das Motto zum 1. Mai, und Trosien beschreibt, was Populisten in ihren Augen kennzeichnet: „Sie unterscheiden immer in ,Wir’ und ,Die’“, wobei Letzteren weniger Rechte zuerkannt würden. Dem hält sie den Gewerkschaftsslogan entgegen: „Wir sind viele. Wir sind eins.“
Auf beispiellose Weise hätten Erdogan-Anhänger beim Verfassungsreferendum bei den in Deutschland lebenden Türken ein „Wir“und ein „Die“erzeugt, sagt Laupheims Erster Bürgermeister Gerold Rechle in seinem Grußwort. Ebenfalls verwerflich sei es, wenn nun rechte Stimmungsmacher im Land versuchten, das Wahlergebnis mit unseriösen Zahlen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Populisten bedienten sich bevorzugt der Angst der Menschen vor dem, was anders ist.
Regelrecht zugemüllt werde man mit solchen vermeintlichen Ängsten, beklagt Jess Jochimsen. Dabei sei es doch ganz einfach: „Sobald man Menschen aus anderen Kulturen kennt, hat man keine Angst mehr vor denen.“Sprüche wie „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber...“bringen ihn zur Weißglut. Er zitiert einen US-Richter: „Es gibt ein Recht auf alternative Meinungen, aber nicht auf alternative Fakten“. Und landet – nicht bei Trump, sondern bei George W. Bush Junior, den er stellvertretend für die Mächtigen karikiert. Hat der Ex-Präsident, der im Irak Krieg führte, doch im Ruhestand seinen Dackel gemalt und das, weil ziemlich talentfrei, in immer neuen Anläufen. Was bei Jochimsen in der auf Hitler gemünzten Anmerkung kulminiert, am gefährlichsten seien Staatenlenker, die vor ihrer politischen Karriere den Pinsel schwangen. Immerhin, hört hört: Neulich sagte Bush in einem Interview, die freie Presse sei für eine Demokratie unverzichtbar. Sie sei wichtig, um Leute wie ihn zur Verantwortung zu ziehen. „Ich glaube“, sinniert der Kabarettist, „das kommt vom Malen.“
Auch die Arbeitswelt streift er: „Woran denkt ihr bei dem Wort Wachstum?“Genau: weder an Kinder noch an die Natur, sondern an Wirtschaft – „so weit haben die uns schon“. Und natürlich denken bei dem Wort „Wirtschaft“viele nicht mehr zuerst an die nächste Kneipe.
Wie erfrischend anders ökonomisieren doch Kinder. Sein Filius habe in der Schule im Reli-Test das vierte und fünfte Gebot zusammengelegt, erzählt Jochimsen. Ergebnis: Du sollst Vater und Mutter nicht töten. „Ich persönlich find’s richtig“, bemerkt er trocken und fusioniert flugs die Gebote sieben und acht: Du sollst keine Lügen stehlen. Da muss auch Pfarrer Alexander Hermann schmunzeln.
Eingestreut war eine Gesprächsrunde. Die Betriebsräte Bianca Flache (Diehl Aircabin) und Ibrahim Yildiz (Liebherr) berichteten über die Integration von Flüchtlingen. Themen wie die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin würden im Betrieb genauso diskutiert wie nach der Arbeit auch. Eskaliert sei bisher nichts.