Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bayerns teuerster April aller Zeiten
Nach dem Ausscheiden im DFB-Pokal dürften die Münchner das Scheckbuch zücken
- Die ersten 21 Millionen Euro sind schon weg. Am Tag nach dem bitteren, unglücklichen, aber auch nicht unbedingt unverdienten Ausscheiden aus dem DFB-Pokal im Halbfinale gegen Borussia Dortmund, gab der FC Bayern München die feste Verpflichtung des Flügelspielers Kingsley Comans bekannt. Nach zwei Saisons, in denen der 20jährige Franzose von Juventus ausgeliehen war, wird er ab Sommer und formal bis 2020 festes Mitglied eines Ensembles sein, das noch immer die Vorsilbe „Star-“verdient, aber spätestens nach diesem 2:3 (2:1) gegen die jungen Dortmunder das Prädikat „außergewöhnlich“ein wenig eingebüßt hat.
Nun ist es immer unfair, vielleicht sogar unlauter, die Bilanz einer ganzen Saison anhand von drei K.o.Spielen im April zu ziehen. Die noch dazu aus Bayernsicht alle drei höchst unglücklich und tragisch verliefen, doch sie haben es ja selbst nicht anders gewollt. Der April war von Trainer Carlo Ancelotti und den Vereinsbossen schon seit dem Sommer als Schicksalsmonat ausgemacht worden. Im April, nicht schon im Oktober, November oder Januar sollte die Mannschaft ihre Höchstform erreichen. Um dann den maximal triumphalen Mai zu ermöglichen. Bender wird zum Hexer Nun könnten sie in München mit einigem Recht Schiedsrichter, den gern imaginierten Fußballgott, den wahrhaftigen Cristiano Ronaldo oder wenigstens Sven Bender vermaledeien. Was wäre gewesen, wenn Viktor Kassai in Madrid mehr Fehlentscheidungen zugunsten der Bayern getroffen hätte? Wenn Ronaldo in beiden Champions-League-Viertelfinals etwas weniger Ronaldo und Sven Bender am Mittwoch einfach nur Sven Bender gewesen wäre? Doch Dortmunds Defensivspezialist Sven Bender, Zwillingsbruder von Lars, Spitzname „Manni“, Ehrentitel „Iron“, fußballerisch aufgewachsen beim Münchner Lokalrivalen TSV 1860, war am Mittwoch zum Hexer geworden. In der 63. Minute, die total überlegenen Münchner führten 2:1 und hatten eine hochklassige Chance nach der nächsten liegen gelassen, lenkte Bender im Stile eines Handballtorwarts Arjen Robbens Schuss mit der Fußspitze an den linken Pfosten. „Roman Bürki (Dortmunds Torwart, die Red.) hat irgendwie keine Lust mehr gehabt. Da hab’ ich dann gesagt, da übernehme ich mal seinen Part“, sagte Bender später grinsend.
„Hätte, könnte, würde bringt dich im Fußball nicht weiter“, sagte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge jedoch. Nachdem man die „Wunden geleckt“habe, würde man „die Dinge in Ruhe bewerten“. Die Analyse dieser drei Spiele dürfte den April zum teuerstenMonat in der Geschichte des FC Bayern machen. Die Weiterbeschäftigung Comans, der heuer den Nachweis schuldig blieb, eines Tages Franck Ribéry oder Arjen Robben nachfolgen zu können und gegen Dortmund nicht einmal im Kader stand, und die schon feststehenden Verpflichtungen der Hoffenheimer Sebastian Rudy und Niklas Süle dürften nur der Anfang gewesen sein.
Man muss nicht so nah an den Verantwortlichen sein wie Clublegende Mehmet Scholl, um zu einem ähnlichen Schluss zu kommen wie er. „Ich glaube, dass Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß verrückte Dinge machen werden“, sagte Scholl in der ARD. Er meinte: Rekordausgaben auf dem Transfermarkt. Auf titellose Jahre – echte oder auch gefühlte wie diese Saison, die Meisterschaft zählt bei Bayern nicht mehr wie früher – reagieren die Münchner mit dem Scheckbuch. Wie 2007, als man nach der Meisterschaft des VfB Stuttgart 88,2 Millionen Euro für Spieler wie Franck Ribéry, Luca Toni, Miroslav Klose, Marcell Jansen, José Sosa oder Breno ausgab. Wie 2012, als nach dem VizeTriple für 40 Millionen Euro Javi Martínez kam (und für null Euro der damals mindestens genauso wichtige Sportvorstand Matthias Sammer). Martínez ist noch immer der teuerste Spieler der Bundesligageschichte. Doch 40 Millionen Euro Ablöse sind mittlerweile auf dem Markt, auf dem sich die Bayern bedienen müssen, wenn sie die scheidenden Philipp Lahm und Xabi Alonso adäquat ersetzen, einen Vertreter für Robert Lewandowski und Nachfolger für die alternden Ribéry und Robben finden wollen, fast schon Kleingeld. Für 40 Millionen könnte man womöglich Offensivmann Alexis Sánchez vom FC Arsenal bekommen, dessen Vertrag 2018 ausläuft. Der von Ancelotti hochgeschätzte italienische Mittelfeldspieler Marco Verratti, derzeit Paris, dürfte dagegen unter 70 Millionen Euro nicht zu haben sein. Bei dieser Summe würden die Verantwortlichen von Atlético Madrid für den vielen Bayernfans als Sehnsuchtsspieler geltenden Angreifer Antoine Griezmann sofort wieder auflegen.