Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Fast ein Drittel der Abgeordneten bezieht Nebeneinkünfte
Laut der Organisation abgeordnetenwatch haben die Parlamentarier mindestens 26,5 Millionen Euro dazuverdient
- Bundestagsabgeordnete verdienen kräftig dazu: Fast ein Drittel hat in der zu Ende gehenden Legislaturperiode Nebeneinkünfte erzielt, wie aus einer Studie der OttoBrenner-Stiftung hervorgeht. 193 der 655 Parlamentarier geben mindestens eine „entgeltliche Tätigkeit neben dem Mandat“an. Die Organisation abgeordnetenwatch geht von Nebeneinkünften in Höhe von mindestens 26,5 Millionen Euro aus. Sie lassen sich nur schätzen, weil die Abgeordneten sie nicht auf den Cent genau angeben müssen, sondern in Stufen.
Die Großverdiener unter den Parlamentariern sitzen in der Unionsfraktion. Politiker von CDU und CSU haben laut dem Nachrichtenportal Spiegel Online mindestens 22 Millionen Euro dazuverdient. Nach den Berechnungen der Otto-Brenner-Stiftung entfielen knapp 16 Prozent der Einnahmen auf SPD-Abgeordnete, 2,2 Prozent auf Parlamentarier der Linken. Die Grünen brachten es auf einen Anteil von einem Prozent. Angaben in zehn Stufen Die Parlamentarier müssen ihre Nebeneinkünfte in zehn Stufen von mehr als 1000 bis 3500 Euro in der ersten Stufe bis zur letzten Stufe von mehr als 250 000 Euro monatlich angeben. Hans Herbert von Arnim, Verwaltungsrechtler und Parteienforscher and der Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, kritisierte am Mittwoch im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“diese Offenlegungspraxis. „Es ist völlig unverständlich, dass die Parlamentarier nicht die genaue Höhe ihrer Einkommen angeben müssen“, sagte von Arnim und fordert: „Wir brauchen mehr Transparenz.“
Der Mindestverdienst lag seit der letzten Wahl im Jahr 2013 abgeordnetenwatch zufolge zusammengerechnet bei 26,5 Millionen Euro, wenn innerhalb der zehn Stufen immer der niedrigste Betrag angenommen wurde. Wird bei den Berechnungen der Höchstwert der jeweiligen Einkommensstufe angenommen, liegen die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten sogar bei bis zu 48,7 Millionen Euro. Da die Höchststufe für Einkünfte von mehr als 250 000 Euro nach oben hin offen ist, hat abgeordnetenwatch zur Berechnung der maximalen Einkünfte immer einen Betrag von 250 000 Euro herangezogen.
Zur Frage, ob damit Grenzen zum Lobbyismus überschritten werden, sagt von Arnim: „Abgeordnete werden nach dem Grundgesetz zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit vom Staat bezahlt. Wenn sie diese Unabhängigkeit an Unternehmen oder Verbände verkaufen, geht das zu weit.“Von Arnim fordert daher eine „umfassende und echte“Reform. Viele Parlamentarier würden jedoch Änderungen blockieren, auch wenn „nur ein kleiner Teil der Bundestagsabgeordneten zu den Topverdienern bei den Nebentätigkeiten“gehört. Spitzenreiter ist abgeordnetenwatch zufolge der CSU-Abgeordnete Philipp Graf Lerchenfeld mit Nebeneinkünften zwischen knapp 2,2 Millionen und knapp 3,2 Millionen Euro. Er ist allerdings Landwirt und muss den Umsatz angeben, nicht den Gewinn.
Auch der Biberacher Bundestagsabgeordnete Josef Rief (CDU) taucht auf der Liste auf – mit Platz acht gehört er nach dieser Aufstellung zu den Vielverdienern. Der Landwirt Rief hat demnach mindestens 686 000 Euro verdient. Doch Rief übt Kritik und beteuert in einer Mitteilung, der Betrieb habe in 2015 sogar Verluste erwirtschaftet. „Als Landwirt lege ich gegenüber dem Bundestagspräsidenten jedes Vierteljahr die Umsätze unseres landwirtschaftlichen Betriebes offen. Es handelt sich hierbei nur um die Verkaufserlöse“, so Rief. Kosten seien darin nicht aufgeführt.
In der Aufstellung werden 35 Nebenjobs Riefs aufgeführt. Dies sei „irreführend dargestellt“, da es sich bei dieser Zahl um 35 Vertragspartner handle. „Es ist grotesk, wenn mein Verwalter jemandem in einem Monat etwas über 1000 Euro verkauft, dass dies wohl als neuer Job angesehen wird“, so Rief.