Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Widerstand gegen Stromtrasse in Dellmensingen
Bürger fühlen sich unzureichend informiert und fordern Erdkabel – Amprion-Vertreter im Ortschaftsrat
- In Dellmensingen regt sich Widerstand gegen die geplante Stromtrassenerweiterung des Unternehmens Amprion (die Schwäbische Zeitung berichtete). Einige Bürger unter Führung von Helmut Gaus fühlen sich nicht richtig informiert und fordern ein Erdkabel. Das Unternehmen informierte am Dienstagabend den Ortschaftsrat über das Vorhaben in nichtöffentlicher Sitzung. Vor dem Tagungsort hatten sich rund drei Dutzend Dellmensinger mit Transparenten versammelt, um ihre Meinung deutlich zu machen.
Der Netzbetreiber Amprion hat vor, im Zuge der Energiewende sein Netz auch im Bereich um das Umspannwerk in Dellmensingen aufzurüsten. Das teilte der Betreiber Mitte Mai diesen Jahres auf einer Pressekonferenz im Hirsch in Dellmensingen mit. Auf 13 Kilometern soll zwischen Dellmensingen und Wullenstetten auf einer bestehenden Stromtrasse ein weiterer 380-Kilovolt-Stromkreis installiert werden. Zwischen Dellmensingen und Niederwangen im Allgäu soll auf den restlichen 75 Kilometern der Trasse eine 220-Kilovolt-Leitung durch eine mit ebenfalls 380 Kilovolt ersetzt werden. Eigentlich wollte der Netzbetreiber Amprion den Ortschaftsrat bereits im Frühling informieren. Der Termin kam allerdings wegen beiderseitiger Unpässlichkeiten erst jetzt zustande.
Nun formiert sich gegen diese Pläne Widerstand aus den Reihen der Ortsansässigen. In einem Flugblatt, das vergangene Woche verteilt wurde, macht der Dellmensinger Helmut Gaus seinem Ärger Luft und fordert die Bürger auf, sich gemeinsam gegen die Pläne zu stellen. „Es wird hier von einer Höchstspannung bis zu 380 000 Volt gesprochen. Bei der Erhöhung der Spannungsebene vor einigen Jahren wurde von diesen Firmen zugesagt, dass dies die letzte Erhöhung wäre. Auf was können wir uns überhaupt noch verlassen. Was kommt nach den 380 000 Volt“, schreibt Gaus. Informationsveranstaltungen wären den Dellmensingern versprochen, jedoch in den vergangenen Monaten immer wieder verschoben worden.
Das Projekt, das den Netzbetreiber nach eigenen Angaben rund 78 Millionen Euro kostet, soll die Kapazität der Leitung zwischen Ulm und dem Allgäu erhöhen. Grund dafür: Größere Stromkreise können mehr Strom transportieren. Ferner soll die Versorgungssicherheit in Notfällen durch einen Ringschluss mit der Umspannanlage in Vöhringen verbessert werden. Die direkte Versorgung der Verbraucher übernimmt aber weiterhin die Netze BW mit ihrer 110-Kilovolt-Leitung. Der vorhandene, 60 Meter breite Schutzstreifen entlang der Überlandleitung würde nicht verbreitert und das elektrische Feld sich, wenn überhaupt, nur wenig verändern. Das Baugebiet Gansweidäcker liege beispielsweise rund 200 Meter von der Trasse entfernt. „Auf dem Weg dorthin wird es sicherlich auch Diskussionen mit den Bürgern geben“, sagte damals schon Amprionsprecher Jörg Weber. Allerdings handele es sich nicht, um ein großes Neubauprojekt wie beispielsweise die Stromautobahnen in Bayern, sondern um eine Leitung, die seit sechziger Jahren bestehe. Am Dienstagabend diskutierte er ruhig und sachlich mit den anwesenden Bürgern und stellte sich deren Fragen . Protest am Info-Abend gegen zu wenig Information Wenn die Stromtrassen nicht zu verhindern sind, warum werde dann nicht mit Erdkabeln geplant, fragt Helmut Gaus. Er hat für den Infoabend zu einer Kundgebung mit Plakaten und Transparenten aufgerufen, um, wie er schreibt „den Ortschaftsrat zu unterstützen“. Drei Dutzend Dellmensinger sind Gaus’ Aufruf gefolgt. Mit Aufschriften wie „380 000 Volt in Dellmensingen“forderten sie keine neuen Freileitungen in Dellmensingen, dafür Erdkabel sowie bessere Information durch den Netzbetreiber „Wir haben eine E-MailAdresse eingerichtet, interessierte Bürger können uns eine Nachricht schicken, damit wir in der Zukunft schneller weitere Aktionen planen können“, sagte Helmut Gaus seinen Mitstreitern .
Zuvor hatten sich Ortsvorsteher Reinhard Härle und Erbachs Bürgermeister Achim Gaus an die Bürger gewandt und um Verständnis für die Verzögerung gebeten. Diese hätte sich auch aufgrund von Abwesenheiten Dellmensinger Ratsmitglieder ergeben. Der Bürgermeister betonte, dass nichts im Hinterzimmer entschieden werde und andere in der Sache betroffene Gemeinden vom Informationsstand ebenfalls nicht weiter wären. Zudem versicherte er, dass weder Fristen verstreichen würden, um sich zu äußern. Der Gemeinderat habe bereits im März bekannt gemacht dass der dem Netzbetreiber Verbesserungsvorschläge mitgegeben wurden. „Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, ein gewähltes Gremium vorher auch nichtöffentlich zu informieren“, so Gaus.. Er bat die Anwesenden die Diskussion auf einer sachlichen und ergebnisorientierten Ebene zu führen.
Protestinitiator Helmut Gaus versprach dies zu tun, pochte aber nochmals auf die Transparenz des Verfahrens. „Der Süden von Dellmensingen ist schon extrem belastet. Wir wollen, dass alle Möglichkeiten geprüft werden, auch für ein Erdkabel.“