Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das nächste Kapitel
Wladimir Klitschko beendet 41-jährig seine Karriere als Profiboxer – 64 Siege aus 69 Kämpfen
(SID/dpa) - Letzter Gong für Dr. Steelhammer: 96 Tage nach seiner Niederlage in einem mitreißenden Kampf gegen Weltmeister Anthony Joshua hat Wladimir Klitschko seine Karriere als Boxprofi beendet. Selbst die Aussicht auf einen millionenschweren Rückkampf konnte den 41-Jährigen nicht mehr in den Ring locken. „Es gibt immer einen Moment in unserem Leben, da müssen oder wollen wir in unserer Karriere das nächste Kapitel aufschlagen. Jetzt bin ich an der Reihe“, sagte der Ukrainer in einer eigens vorbereiteten Videobotschaft. Er habe sich nach seinem letzten Kampf bewusst genügend Zeit zur Entscheidungsfindung genommen, ergänzte er am Donnerstag in einem Statement.
69 Kämpfe hat Klitschko bestritten, nachdem er im Anschluss an seinen Olympiasieg 1996 ins Profilager gewechselt war. 64 Siege feierte er, darunter 53 per Knock-out. Im Oktober 2000 wurde Wladimir Klitschko durch einen Sieg gegen Chris Byrd erstmals Weltmeister. Nach zwei Niederlagen gegen Corrie Sanders (2003) und Lamon Brewster (2004) holte er sich 2006 den WM-Titel durch einen zweiten Sieg gegen Byrd zurück und blieb fortan neun Jahre lang ungeschlagen – teilweise hielt er gleichzeitig die Gürtel der Verbände IBF, WBO, WBA und IBO.
„Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich eine so lange und erfolgreiche sportliche Laufbahn haben würde. Ich habe als Amateur und Profi alles erreicht“, sagte Klitschko weiter. Manager Bernd Bönte sprach denn auch von einer „einzigartigen Weltkarriere“.
In den vergangenen Jahren hatte Klitscho das Schwergewichtsboxen fast bis zur Langeweile dominiert, schien zuletzt allerdings an Explosivität eingebüßt zu haben. Nach diversen Siegen gegen mittelklassige Gegner kassierte er im April gegen Joshua seine zweite Niederlage in Folge, viele Experten hatten ihm nach dem epischen Duell zum Aufhören geraten.
Nun also der Schritt in ein neue Karriere, die Klitschko allerdings gut vorbereitet hat. „Ich habe die Welt bereist, habe neue Sprachen gelernt, Geschäfte gemacht, mich intellektuell weitergebildet, Menschen in Not geholfen. Bin Wissenschaftler, Entrepreneur, Motivator, Hotelier, Trainer, Investor und vieles mehr geworden“, sagte er. „Ich hoffe, dass meine nächste Karriere, die ich schon seit einigen Jahren vorbereite, mindestens genauso erfolgreich wird wie meine erste – wenn nicht sogar erfolgreicher.“
Bereits 2007 hatte Klitschko mit seinem älteren Bruder Witali, der als Schwergewichtsweltmeister 2012 seine Karriere beendete und seit 2014 Bürgermeister von Kiew ist, eine eigene Vermarktungsagentur in Hamburg gegründet. „Er hat seine Entscheidung getroffen“, kommentierte Witali den Rücktritt seines Bruders. „Er schlägt eine Seite um und schreibt eine neue Geschichte.“Rund um seine Kämpfe beschäftigte Wladimir rund 100 Angestellte. Zudem engagierte sich der mit Hayden Panettiere verlobte Vater einer fast dreijährigen Tochter in diversen Wohltätigkeitsprojekten, versteigerte unter anderem seine Goldmedaille von Atlanta für einen guten Zweck. Klitschko, der als Jugendlicher Hals-Nasen-OhrenArzt werden wollte, ist seit 2001 promovierter Sportwissenschaftler. Sein Name ist längst eine Marke.
Jetzt aber darf er sich über diverse Huldigungen freuen. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nannte Klitschko ein „Symbol des Sieges“, er habe Ehre über das Land gebracht: „Wladimirs Triumphe werden uns immer als ein Beispiel eisernen Willens im Gedächtnis bleiben. Die Ukraine ist stolz auf dich, Champion.“