Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gefallener
Als Wirtschaftsminister hatte Alexei Uljukajew bisweilen ungewöhnliche Ideen. 2016 wollten die Journalisten vom russischen Ökonomen erfahren, was die Regierung angesichts des riesigen Haushaltsdefizits unternehmen wolle. „ Wollen Sie zusammenlegen und dem Staat helfen?“, fragte der 60- Jährige die verdutzten Reporter.
Uljukajews Sinn für Humor hat sich jetzt in einen bitteren Galgenhumor verwandelt. Zu Beginn seines Korruptionsprozesses in Moskau am Dienstag bedankte sich der Brillenträger mit Stoppelhaarfrisur bei der Staatsmacht, die ihn für Jahre hinter Gitter stecken will: „ Ich habe 14 Kilogramm abgenommen und bin dafür der Justiz dankbar“. Uljukajew nennt sich unschuldig, doch seine Chancen vor Gericht stehen nicht gut.
Der frühere Wirtschaftsminister und Vize- Finanzminister wird beschuldigt, Schmiergeld von 1,7 Millionen Euro bekommen zu haben. Mit dem Geld sollte 2016 angeblich Uljukajews Zustimmung zum Verkauf der Ölfirma Baschneft an den teilstaatlichen Ölkonzern Rosneft erkauft werden. Es ist das erste
Mal in der neueren Geschichte Russlands, dass ein so ranghoher Beamter vor Gericht steht. Manche Experten zweifeln die Vorwürfe gegen Uljukajew an und sehen darin eine Intrige einer der Machtgruppen um Präsident Wladimir Putin, die um Geldströme im Rohstoffsektor und Einfluss im Kreml kämpfen.
Uljukajew zählte zum Kreis der Wirtschaftsreformer um Ex- Präsident Boris Jelzin, die in den 1990er- Jahren die Planwirtschaft ohne Rücksicht auf die Bevölkerung in einen WildwestKapitalismus transformiert haben. Nach Medienberichten hatte er sich zuletzt als eines der wenigen Regierungsmitglieder getraut, mit Präsident Putin offen über die Wirtschaftspolitik zu streiten. Uljukajew hat mehrere Gedichtbände veröffentlicht, er spricht fließend Englisch und Französisch. Der dreifache Vater gilt als sehr wohlhabend, seine Familie besaß Ende 2015 drei Autos, 17 Grundstücke, drei Häuser und drei Wohnungen. Alexei Makartsev