Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ministaat Gambia hängt am internationalen Finanztropf
Der neuen Regierung unter Adama Barrow fehlt es an Geld für die Umsetzung ehrgeiziger Pläne
BANJUL (KNA) - Die drei Wörter „in Betrieb nehmen“sind seit Wochen offenbar die liebsten des gambischen Staatspräsidenten Adama Barrow (52). Mal ist es die Wahrheits-, Versöhnungsund Entschädigungskommission, mal der neue Sicherheitsrat, den der Staatschef gerade gegründet hat und der nun seine Arbeit aufnehmen soll. Weitere Projekte sind in der Diskussion. Dazu gehört der Nationale Entwicklungsplan, der richtungsweisend für die Zukunft des Zwei-Millionen-Einwohner-Staates werden soll.
An Ideen und Plänen mangelt es der neuen Regierung, die seit Ende Januar im Amt ist, keinesfalls. Nur Geld hat sie keins. Das soll Ex-Präsident Yahya Jammeh (52) bei seinem erzwungenen Gang ins Exil nach Äquatorialguinea in großen Koffern mitgenommen haben. Der britische Sender BBC sprach Ende Januar von elf Millionen US-Dollar und diversen Luxusgütern, die Jammeh nach seiner mehr als 22-jährigen Herrschaft eingeheimst haben soll. Als „quasi pleite“bezeichnete Barrow sein Land wenig später.
Er und seine Minister sind nun auf der Suche nach Geldgebern. Gambia hat zwar Strände und Hotelanlagen; die touristische Infrastruktur ist so gut wie in kaum einem anderen westafrikanischen Land. Doch laut Nationalem Entwicklungsplan hat 2013 jeder Gambier im Schnitt nur 500 USDollar verdient. Im UN-Entwicklungsindex liegt der Staat auf Platz 173 von 188.
Helfen soll vor allem die EU, mit der bereits im Februar ein Abkommen zur Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Erwachsene unterzeichnet worden war. Elf Millionen Euro aus dem Nothilfefonds sollen dazu beitragen, dass zum Beispiel 7000 Menschen eine technische Ausbildung und 8000 Unterstützung bei der Geschäftsgründung und beim Zugang zu Krediten erhalten. Die Summe soll auch die massive Migration in Richtung Europa eindämmen. Die EU hat im Februar nicht nur Geld für das Jugendprogramm zugesagt, sondern zwei weitere Pakete mit insgesamt 225 Millionen Euro. Die Weltbank hat einen Kredit von knapp 47 Millionen Euro versprochen. Aktiv werden auch die Chinesen.
Viele junge Gambier haben ihrer Heimat indes den Rücken gekehrt. Diejenigen, die als Asylbewerber nach Deutschland gelangen, wohnen mehrheitlich in Baden-Württemberg. Das liegt daran, dass die Anträge hier zentral von der Bamf-Außenstelle in Karlsruhe bearbeitet werden. In den vergangenen zwölf Monaten stellten Gambier in Baden-Württemberg die zweitgrößte Gruppe nach Flüchtlingen aus Syrern. Der weit überwiegende Teil ihrer Asylanträge wird abgelehnt.