Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Diaspora ein Gesicht geben
Attenweiler Künstlerin Marlis Glaser stellt zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur aus
ATTENWEILER - Eine Kunstausstellung zum Tag der Jüdischen Kultur zeigt die Attenweilerin Marlis Glaser am Sonntag, 3. September, im Saal neben ihrer Werkstatt. Darin erzählt sie unter anderem in Porträtgemälden vom Leben jüdischer Menschen in der Diaspora.
Der Kontrast könnte größer kaum sein: Im Hintergrund scheint Schwarz durch, im Vordergrund dominieren bunte Blumen, fröhliche Naturtöne, und im Mittelpunkt ein nachdenklich blickender Herr. Das Bild des Holocaust-Überlebenden ist eines von zwölf Porträtbildern, die Glaser gemalt hat mit Acryl- und Ölfarben. Alle ihre Modelle hat die jüdische Künstlerin auf Reisen in Israel und der Schweiz getroffen, mit den meisten ist sie seit längerer Zeit befreundet. „Ich habe die Bilder zusammen mit den Personen entwickelt“, erzählt sie. Im Fall des HolocaustÜberlebenden hatte Glaser zunächst den Hintergrund dunkel gemalt, „um die Vergangenheit darzustellen“. Doch der Mann aus Jerusalem hatte ihr gesagt: „Warum malst du Schwarz in das Bild, an die Shoa denke ich ohnehin schon jeden Tag.“Dann deutete er auf die Blumen in seinem Garten. „Das ist mein kleines Paradies.“Und Marlis überpinselte das Schwarz mit kräftigen Farben.
Von Bulgarien bis Brasilien
Der Holocaust und die dunkle Vergangenheit werden in der Ausstellung aber höchstens am Rande gestreift. Glaser betont: „Um Schuld geht es mir wirklich nicht.“Viel mehr sollen Besucher der Ausstellung eine „geistige Welt“erleben, die ihnen bislang unbekannt war. Im Mittelpunkt stehe die Erfahrung der Diaspora, die viele Juden erlebt haben. „Dieses Thema ist so vielfältig“, sagt Glaser und verweist auf die unterschiedlichen Schicksale der Menschen.
Für ihre Porträts hat sie zum Beispiel mit Juden aus Bulgarien, Brasilien oder Marokko gesprochen und diese auch selbst zu Wort kommen lassen: Mit eigenhändigen Inschriften haben sie ihre Gedanken zum Thema Diaspora in die Bilder geschrieben. Neben der Porträtserie können Besucher am Sonntag noch weitere Werke erleben. So zum Beispiel eine Arbeit von Glasers Sohn Joshua, der aus Eichen- und Birnenholz einen zwei Meter großen ChanukkiaLeuchter gefertigt hat. Sein Bruder Samuel Fischer-Glaser stellt hebräische Bücher aus. Und auch aus Israel selbst werden Gäste nach Attenweiler kommen, so zum Beispiel die Künstlerin Ruth Schreiber aus Jerusalem. Auch die Schweizer Künstlerin Frieda Martha stellt Werke zum Thema Diaspora aus. Ein optischer Höhepunkt bildet die Sammlung von mehr als 80 Straßenschildern mit Namen aus der biblischen Zeit. Diese verdeutlichen wie „verwurzelt“der Glaube in Israel sei, sagt Glaser. Die Jüdin möchte jedoch keinesfalls andere Religionen ausschließen.
Mitveranstalter sind das Evangelische Bildungswerk Oberschwaben und die Katholische Erwachsenenbildung. Glaser sagt, sie wolle den Besuchern den Zugang bieten, zu einer überraschenden Welt und die Möglichkeiten, damit sich Christen und Juden begegnen können - mithilfe der Kunst.