Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ex-Kanzler der PH Weingarten verklagt das Land
Gregor Kutsch fordert eine Verbeamtung auf Lebenszeit – Fall könnte vor dem Bundesverfassungsgericht landen
WEINGARTEN - Der bisherige Kanzler der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH), Gregor Kutsch, verklagt das Land Baden-Württemberg. Er fordert eine Verbeamtung auf Lebenszeit und wehrt sich gegen die Befristung seines Beamtenverhältnisses, die das Landeshochschulgesetz für den Posten des Kanzlers vorsieht.
Kutschs Klage wurde in erster Instanz bereits vom Verwaltungsgericht Sigmaringen abgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass der Fall vor das Bundesverwaltungsgericht und im Zweifel sogar vor das Bundesverfassungsgericht geht. Denn letztlich geht es Kutsch und seinem Anwalt Lothar Knopp genau darum: einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung zu schaffen.
Fall beim Bundesverfassungsgericht
Daher hat Kutsch, der Ende Juli aus seinem Amt an der PH ausgeschieden und damit kein Beamter mehr ist, einen Experten für Hochschulrecht engagiert. Anwalt Lothar Knopp vertritt auch andere Mandanten, die das gleiche Ziel wie Kutsch verfolgen. So führt Knopp aktuell eine andere Klage für einen Hochschulkanzler aus Brandenburg, die schon deutlich weiter fortgeschritten ist.
Daher wird der Fall Kutsch stark vom Ausgang dieses Verfahrens abhängen. Denn auch beim Brandenburger Fall fordert der Kanzler die Umwandlung seines befristeten Beamtenverhältnisses in eines auf Lebenszeit. Das vorrangige Ziel: Die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des Landeshochschulgesetzes, auf die sich die Befristung stützt, festzustellen. Die Aussichten dafür sind nicht schlecht. Zumindest liegt der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht.
Bereits ähnliches Urteil
Untere Instanzen lehnten Klage ab. Denn nachdem sowohl das zuständige Verwaltungsgericht in erster Instanz als auch das Oberverwaltungsgericht in zweiter Instanz die Klage abgewiesen hatten, hält das Bundesverwaltungsgericht das brandenburgische Landeshochschulgesetz für verfassungswidrig und hat den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Dort liegt die Klage nun. Eine Entscheidung gibt es bislang nicht.
Sollte Knopp und seinem Mandanten recht gegeben werden, hoffen sie auf eine „Signalwirkung“für die gesamte Bundesrepublik. So auch für den Fall von Gregor Kutsch. Allerdings betont Knopp, dass die Hochschulgesetze sich in jedem Bundesland unterscheiden. So wird der Kanzler in Brandenburg vom Hochschulpräsidenten bestellt, während er in Baden-Württemberg in einer gemeinsamen Sitzung des Hochschulrates und des Senats gewählt wird.
Dennoch wird der Fall Kutsch maßgeblich vom Ausgang des Verfahrens um den Brandenburger Kanzler abhängen. Schließlich fußt die Argumentation der Kläger in beiden Fällen auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2008. Damals wurde eine Befristung von Beamtenverhältnissen (Zeitbeamtenverhältnisse) aus Nordrhein-Westfalen als unwirksam erachtet. „Die dortigen Kläger waren Beamte in leitender Funktion, die in der allgemeinen Verwaltung lange Jahre zeitlich befristet tätig waren und auf Umwandlung ihrer Zeit- in ein Lebenszeitbeamtenverhältnis geklagt hatten.
Übertragbarkeit auf Hochschulen
Das Bundesverfassungsgericht sah in diesen Fällen das verfassungsrechtlich grundsätzlich garantierte Lebenszeitprinzip beim Beamten verletzt und verneinte auch das Vorliegen der Voraussetzungen von Ausnahmen von diesem Grundsatz“, schreibt Knopp in einer Stellungnahme. „Seit dieser Entscheidung wird insbesondere in der Fachwelt diskutiert, ob die Aussagen und Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2008 auch auf spezielle Verwaltungsbereiche und deren leitende Mitarbeiter anwendbar sind“– also ob dies auch auf den Hochschulbereich übertragbar ist. Und eben einen dieser speziellen Fachbereiche sehen Knopp und Kutsch in der Position des Kanzlers. Aktuell wollen sie sich noch nicht festlegen, ob sie Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen einlegen. Allerdings ist davon auszugehen. Schließlich hatten sie schon mit einer negativen Entscheidung vom Wissenschaftsministerium gerechnet, da der Antrag auf Lebenszeitverbeamtung „nahezu erwartungsgemäß abgelehnt wurde“, wie Knopp es schreibt.
Doch hält das Verwaltungsgericht Sigmaringen den Fall von grundsätzlicher Bedeutung. Daher hat es den Klägern die Möglichkeit einer sogenannten Sprungrevision eingeräumt, die es ermöglicht, den Fall direkt vor das Bundesverwaltungsgericht zu bringen. Knopp und Kutsch wollen das von der Urteilsbegründung aus erster Instanz abhängig machen, die allerdings noch nicht vorliegt.
Durch Kutsch Klage ist auch der Posten des Kanzlers weiterhin vakant. Er beantragte beim Verwaltungsgericht Sigmaringen eine Anordnung, mit der er erwirken wollte, dass der Posten des Kanzlers so lange nicht neu besetzt werden dürfe, bis über seine Hauptklage gegen das Land entschieden sei. Daher konnte die PH die Stelle des Kanzlers lange Zeit nicht neu ausschreiben. Erst als das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Anordnung ablehnte und auch der Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg Kutschs Beschwerde dagegen am 19. Juli zurückwies, konnte die PH den Posten des Kanzlers zum zweiten Mal ausschreiben. Aktuell läuft das Auswahlverfahren, das voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen werden soll.