Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Problemzone Ulmer Museum
Der Gebäudekomplex ist in schlechtem Zustand – und leidet unter Fehlern der Vergangenheit
ULM - Eigentlich hätte das Team im Museum Ulm derzeit Grund zum Feiern. Warum, das sehen Besucher gleich beim Betreten des Hauses. Seit die Kulturorganisation der Vereinten Nationen den Eiszeithöhlen auf der Alb das begehrte Prädikat „UnescoWeltkulturerbe“verliehen hat, steht auch das Museum Ulm im Fokus des Interesses. Schließlich verwahrt es mit dem Löwenmenschen aus dem Lonetal den größten Schatz dieser Höhlen – und ist damit irgendwie auch ein Stück Weltkulturerbe. Doch diesem Anspruch wird die ehrwürdige Institution am Marktplatz derzeit nicht gerecht.
„Bei der Infrastruktur gibt es einiges an Verbesserungsbedarf“, sagt Direktorin Stefanie Dathe. Das fängt bei ganz einfachen Dingen an: So gibt es bei 4700 Quadratmetern Ausstellungsfläche gerade einmal vier Toiletten im ganzen, verwinkelten Komplex – und insgesamt nur 25 kleine Schließfächer direkt neben der Kasse. Was vor allem in den kalten Monaten ein Problem ist. „Wenn Schulklassen kommen, stapeln sich im Eingangsbereich die Schulranzen und nassen Jacken“, beklagt Dathe. Die Museumsleiterin befürchtet, dass sich der Zustand weiter verschlimmert: Denn die Besucherzahlen steigen derzeit merklich, wie sie sagt.
Dathe nennt das Problem beim Namen: Das Eingangsgebäude muss ihrer Ansicht nach erneuert werden – wie es schon auch die von der Stadt in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie gefordert hatte. Dann könnte das Entree, das derzeit den Charme einer Behörde besitzt, attraktiver gemacht werden, zudem könnten neue Funktionsund Lagerräume eingebaut und neue Ausstellungsflächen geschaffen werden. Das zentrale Kunstdepot, das 2019 realisiert werden soll, sei kein Allheilmittel. „Das ändert nichts daran, dass hier die Rahmenbedingungen nicht stimmen.“
Und damit meint sie nicht nur ein paar fehlende Schließfächer: In der Vergangenheit sind offenbar Fehler gemacht worden, die nicht nur Dathes Einschätzung nach einer Korrektur bedürfen. Ortswechsel: vom Eingang zum 1999 eingeweihten Fried-Bau, der jüngsten Ergänzung des aus sieben Gebäuden bestehenden Ensembles, dessen älteste Teile rund 700 Jahre alt sind. Der seinerzeit rund zwölf Millionen teure Anbau, errichtet für die Sammlung des Verlegers Kurt Fried, ist eines der Sorgenkinder des Museums. Dathe: „Wenn der Bau so realisiert worden wäre, wie er von den Architekten gedacht war, hätten wir viele Probleme heute nicht.“Denn ironischerweise ist dieser jüngste Teil des Museums der Bereich mit den ungünstigsten Bedingungen: Im Sommer heizt sich das Gebäude innerhalb weniger Tage auf, die Luft wird trocken. Exponate aus Holz können dort deswegen nicht oder nur kurz präsentiert werden. Und das durch die Dachfenster eindringende UV-Licht schadet den Arbeiten aus Papier.
Es hätte nicht so kommen müssen, sagt Dathe. Denn ursprünglich sei eine ganz andere Dachkonstruktion geplant gewesen – die aber aus Spargründen gestrichen wurde. Fast wie ein Schildbürgerstreich klingt ein anderer Umstand, den Dathe in Erfahrung gebracht hat: Eine Belüftungsund Befeuchtungsanlage sei in dem Gebäude eigentlich vorhanden, aber nicht fertiggestellt worden – um die Betriebskosten zu reduzieren. Immerhin können Besucher dadurch eine Erfahrung machen, die sonst nur Weltreisende kennen: „Im Sommer können Sie bei uns im Haus alle Klimazonen erleben, von tropisch über subtropisch bis hin zu gemäßigten Zonen“, sagt Dathe. Ihren Humor hat sie behalten. Obwohl genau diese Situation dem Team großes Kopfzerbrechen macht: Stimmen die KlimaParameter nicht, können manche Exponate nicht mehr gezeigt werden. Dathe: „Wir wagen es schon gar nicht mehr, bestimmte Leihgaben anzufragen.“
Eine Überarbeitung des FriedBaus wäre natürlich ein teures Projekt. Aber die Direktorin wäre fürs Erste schon zufrieden, wenn mehr Augenmerk auf die Erhaltung des Museumskomplexes gelegt werden würde. Bei einem Rundgang zeigt sie die Verfallserscheinungen. Am Rand des Fried-Baus ist das Dach undicht, braune Flecken neben dem Lift künden davon. An vielen Fenstern in den älteren Gebäuden blättert die Farbe und bröckelt der Kitt. Wirklich Sorgen bereiten Dathe die teils fingerbreiten Risse zwischen Gewerbebank und Ehinger Stadel. Letzterer, so erklärt sie, senke sich seit dem Bau der Rathaus-Tiefgarage langsam ab.
Bauliche und technische Mängel, veraltete Systeme, ein unattraktiver Eingang? Viele der von Dathe geschilderten Probleme erinnern an das NeuUlmer Edwin-Scharff-Museum – das genau deswegen derzeit für rund 3,3 Millionen Euro saniert wird. In Ulm hingegen tritt man beim Thema Museumsumbau und -sanierung trotz gleich mehrerer Gutachten auf der Stelle. Im Investitionsplan für die kommenden Jahre sind noch keine Mittel für bauliche Maßnahmen vorgesehen. Und doch glaubt Dathe, dass Stadtspitze und Gemeinderat die Probleme ihres Hauses ernst nehmen.