Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Santiago, die Nähmaschine vom VfB
Rekordeinkauf glänzt im Mittelfeld – Gentner beruhigt und verpasst Wolf-Jubiläum
STUTTGART - Den Kapitän ausgeknockt, Torschütze Chadrac Akolo fraglich, Verteidiger Holger Badstuber weiterhin verletzt und mit Borussia Mönchengladbach zum Auftakt der englischen Woche in der Bundesliga (18.30 Uhr/Sky) einen potentiellen Europa-League-Teilnehmer vor der Brust – die Vorzeichen für den VfB Stuttgart könnten deutlich besser sein. Dennoch ist dem Aufsteiger und seinem Trainer Hannes Wolf alles andere als bange. Den schock um Gentners Gesichtsverletzung will Wolf in Motivation ummünzen. „Es ist in Christians Interesse, dass wir erfolgreich weiterarbeiten. Wir werden uns für ihn und den VfB Stuttgart ans Limit pushen“, sagte der Trainer. Und weiter: „Wir werden uns jetzt nicht zurückziehen und kleinere Brötchen backen. Im Gegenteil: Wir wollen jetzt noch mehr Schärfe.“
Gentner hatte bei einem Zusammenprall mit Wolfsburgs Torhüter Koen Casteels Brüche des unteren und seitlichen Augenhöhlenbodens, des Nasenbeins und des Oberkiefers erlitten – und sogar noch Glück gehabt, keine bleibenden Schäden erlitten zu haben. Am Montag gab er auch selbst Entwarnung. „Zuallererst mal die wichtigste Info für viele, die sich Sorgen gemacht haben: Es geht mir sehr gut!! Ich habe – wie bereits berichtet wurde – den ein, oder anderen Bruch im Gesicht, aber nichts, was nicht wieder zu korrigieren wäre“, schrieb Gentner (32) bei Instagram.
Gentner wird lange fehlen, ein Comeback des Mittelfeldspielers noch in der Hinrunde ist aber nicht ausgeschlossen. „Er wird für diese Mannschaft in dieser Saison noch sehr wichtig sein“, sagte Sportvorstand Michael Reschke, der selbst dafür gesorgt hat, dass statt Panik bei den Cannstattern weiterhin Optimismus herrscht.
Neuzugang Santiago Ascacibar spielte beim 1:0 gegen Wolfsburg in zentraler Position groß auf und deutete bei seinem Startelfdebüt an, warum der VfB bis zu acht Millionen Euro für ihn ausgeben wollte. „Santiago Ascacibar hat viele Bälle gewonnen und sauber nach vorne gebracht. Er war von Anfang voll da“, sagte Wolf.
Lobende Worte für einen 20-Jährigen, der erst vor wenigen Wochen seine Zelte in seiner Heimat Argentinien abgebrochen hat und bereits nach kurzer Zeit andeutet, dass er möglicherweise die – wenn auch erhoffte – Überraschung der Saison werden könnte. „Das hat richtig Spaß gemacht. Der ist wie eine Nähmaschine über den Platz. Er hatte unglaublich viele Ballgewinne, ein ganz sauberes Passspiel nach vorne. Das war höchst erfreulich“, resümierte Reschke nach dem Auftritt des kleinen Kämpfers, der in seiner Heimat den Spitznamen „El Rusito“, der kleine Russe, verpasst bekam. Denn wenn der 1,68 Meter große Balleroberer, der bei seinen Bewegungen auffällig tief in die Knie geht, mit seinem niedrigen Schwerpunkt aufdreht, Bälle erkämpft und clever verteilt, erinnert er schon beinahe an einen ganz großen kleinen Kämpfer – Italiens Gennaro Gattuso, dessen wohl wichtigste Eigenschaft Hannes Wolf auch bei Ascacibar sieht: „Er ist giftig. Das Gesamtpaket stimmt bei ihm.“
Ein Jahr ohne Unruhe
Der Trainer feiert einen Tag nach der Partie gegen Gladbach übrigens sein einjähriges Jubiläum als Trainer beim VfB. „Ich bin schon ein wenig stolz auf die Zeit, die wir hier hatten. Bis hierhin war es ein gutes Jahr“, sagte der Aufstiegscoach: „Ich bin ein bisschen stolz, dass wir nie Unruhe hatten.“Das liegt auch daran, dass das Team Wolfs Idee vom Fußball inzwischen verinnerlicht hat. „Er ist sehr detailversessen, er möchte seine Philosophie durchbringen. Das tut uns gut“, sagt Abwehrspieler Timo Baumgartl. Wolf sei ein „hochinteressanter, sehr intelligenter Trainer“, der ein Gespür dafür habe, eine Mannschaft zu führen, lobte Reschke. Eine „wunderbare Kombination“, die den Verein entscheidend mittrage.
Unruhe wird also auch nicht aufkommen, sollte Akolo doch ausfallen. Der Kongolese war nach seinem Siegtreffer gegen Wolfsburg wegen Muskelproblemen ausgewechselt worden. „Chadrac fährt mit“, sagte Wolf, „es sah gut aus bei ihm, er konnte passen und sprinten.“
Auf Holger Badstuber muss der VfB dagegen noch einmal definitiv verzichten. „Holger hat das erste Mal das Training mittgemacht, aber das ist zu nah am Spiel“, so Wolf. Der Innenverteidiger musste mit Beschwerden an den Adduktoren zuletzt pausieren. Im kleinen Derby am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den FC Augsburg könne Badstuber aber ein Thema sein.