Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gefahr durch invasive Arten, die nicht in den Bodensee gehören
Immer mehr fremde Spezies finden den Weg in das Binnengewässer – Dort breiten sie sich explosionsartig aus, da sie kaum Fressfeinde haben
RAVENSBURG (sz) - Über die sogenannten aquatischen Neozoen stellt das Institut für angewandte Hydrobiologie in Konstanz fest: „Durch die erhöhte Mobilität, die Öffnung von Schifffahrtswegen über zoogeografische Grenzen hinaus und durch den zunehmenden interkontinentalen Warenverkehr kommt es zu einer verstärkten Einschleppung und beschleunigten Ausbreitung wasserlebender, nicht heimischer Tierarten.“Einige dieser Neozoen zeigten eine massive Ausbreitungstendenz und seien – bedingt durch hohe Fortpflanzungsraten und aggressives Fress- und Raumnutzungsverhalten – für gravierende Veränderungen in den Lebensgemeinschaften von Seen und Fließgewässern verantwortlich. „In einigen Fällen können sie auch ökonomische Schäden verursachen. Für einen Teil dieser Arten trifft dies auch für den Bodensee und sein Einzugsgebiet zu“, so das Institut weiter. Die erste invasive Art im Bodensee war Mitte der 1960er-Jahre die Dreikantmuschel. Schon weniger als zehn Jahre nach ihrer Einschleppung habe sie eine so hohe Populationsdichte erreicht, dass sie Wasserleitungen und Ansaugrohre verstopfte, deren Reinigung hohe Kosten verursachte. Außerdem könnte sie für den Rückgang der Großmuscheln verantwortlich sein, so die Forscher. Einige der invasiven Arten im Bodensee stellen wir hier vor (Quelle: Institut für angewandte Hydrobiologie, www.neozoen-bodensee.de). Gefleckter Tiger-Strudelwurm: ● Die aus Nordamerika stammende Art besiedelt sowohl stehende als auch langsam fließende Gewässer und stellt keine hohen Ansprüche an die Gewässerqualität. Im Bodensee wurde der Wurm erstmals 1993 nachgewiesen. Er lebt räuberisch und als Aasfresser. Großer Höckerflohkrebs: Der ● Flohkrebs stammt aus dem Schwarzmeerraum und war in seiner Verbreitung bis vor 25 Jahren auf die Gewässer Russlands und der Balkanhalbinsel beschränkt. Beobachtungen aus dem Bodensee lassen den Schluss zu, dass der Große Höckerflohkrebs in Konkurrenz mit anderen Flohkrebsen tritt und diese dabei lokal gänzlich verdrängt. Schwebegarnele: Erstmals ● wurden die Tiere 2006 im Bodensee bei Bregenz entdeckt. Im Schutz der Dunkelheit wagen sie sich weiter ins offene Wasser hinaus und näher an die Oberfläche. Tagsüber schwimmen sie dicht über dem Grund über Wasserpflanzen, Hölzern oder Steinen. Kaulbarsch: Der bunt schillernde ● Fisch mit seinem Zackenkamm wurde 1987 zum ersten Mal im Bodensee gesichtet. Einige Jahre später galt er bereits als häufigster Fisch in der Flachwasserzone. Asiatische Körbchenmuschel: ●
Sie besiedelt sandig-kiesige Bereiche mit nur geringem Anteil an organischer
Substanz. Ihre bevorzugten Lebensräume sind große Flüsse und Seen. Als ursprüngliche Brackwasserart weist sie jedoch auch eine hohe Salztoleranz auf. Die Muschel wurde 2003 im Bodensee zum ersten Mal am österreichischen Ufer entdeckt. Mittlerweile ist die Muschel in ganz Europa verbreitet. Neuseeländische Zwergdeckelschnecke: ● Die Tiere gelten als unverwüstlich und ertragen auch sehr hohe Wassertemperaturen und Strömungsgeschwindigkeiten. Trotzdem bevorzugen sie langsam fließende oder stehende Gewässer. Im Bodensee wurde die Muschel erstmals 1972 nachgewiesen.
Kamberkrebs: Der Kamberkrebs ● kommt seit 1880 in Europa vor. Seitdem breitet er sich aktiv aus und wird unter anderem durch Schiffe verschleppt. Aktuell kommt er im gesamten west- und mitteleuropäischen Gewässersystem vor, jedoch selten in den Oberläufen der Flüsse.
Er ist, wie die meisten fremden Krebsarten, Überträger der Krebspest. Wandermuschel: Die Muscheln ● finden optimale Wachstumsbedingungen in Seeabflüssen und Brandungszonen. Im Bodensee ist sie seit den 1960er-Jahren zu finden. Chinesische Wollhandkrabbe: ●
Wie der Name schon sagt, ist die Wollhandkrabbe eine ursprünglich in China beheimatete Krabben-Art. Anfang des 20. Jahrhunderts gelangte sie als Larve im Ballastwasser der Handelsschiffe nach Europa. In Deutschland wanderte sie in Massen in die Elbe ein und erreichte auch den Rhein und den Bodensee.
Signalkrebs: Die Tiere haben ● sich bereits seit Jahrzehnten in Deutschland eingebürgert. Bei Sauerstoffmangel verlassen sie das Gewässer, um am Ufer oder auf Steinen sitzend Luft zu atmen. Ihre weitere Ausbreitung wird auch im Bodensee befürchtet.