Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Chancengleichheit bringt Gewinn
Mit der sozialen Marktwirtschaft ist das Versprechen verbunden, dass jeder Bürger am Wohlstand teilhaben kann. Eine Voraussetzung dafür ist eine möglichst große Chancengleichheit. Von dieser Zusage ist die Bundesrepublik Deutschland heute wieder weit entfernt. Es ist höchste Zeit umzusteuern. Dafür gibt es eine Reihe guter Gründe.
Einer ist der wissenschaftliche Befund, dass Familien erst einmal eingetretener Armut kaum mehr entrinnen können. Die davon betroffenen Kinder können von teuren Sportarten, Musikunterricht, einem Nachmittag im Internet oder genügend Raum zur Entfaltung oft nur träumen. Die schlechten Karten der Eltern erben sie ungewollt mit. Denn unter diesen Voraussetzungen haben sie es viel schwerer als Altersgenossen aus finanziell gesicherten Verhältnissen einen Bildungslevel zu erreichen, mit dem sich der Weg in eine erfolgreiche berufliche Karriere ebnen lässt. Auf diese Weise wird die Armut von Generation zu Generation weitergereicht.
Das ist individuell ein Skandal, weil die Kinder nichts für ihre Herkunft können. Außerdem ist es volkswirtschaftlich einfach dumm, weil Deutschland auf gut ausgebildete Fachleute angewiesen ist und somit auf die Talente, die es natürlich auch unter den Armen gibt, quasi freiwillig verzichtet. Dies ist zu allem Überfluss auch gar nicht nötig, weil die Familienförderung in Deutschland überaus üppig ist und einen dreistelligen Milliardenbetrag im Jahr umfasst. Das Geld wird nur falsch eingesetzt. Von der finanziellen Förderung sollten vor allem jene profitieren, die es am nötigsten haben.
Die Vorschläge, eine Art Grundsicherung für Kinder einzuführen, weist den Weg in eine moderne Familienförderung. Es ist überfällig und eine wichtige Aufgabe für die künftige Regierung, aus den Dutzenden Einzelinstrumenten vom Kindergeld bis hin zum Ehegattensplitting ein zielorientiertes Instrumentarium zu entwickeln. Tatsächlich muss Chancengleichheit für Kinder nicht mehr kosten, sie bringt aber allen am Ende mehr Gewinn.