Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Stoff für neue Verschwörungstheorien
Akten zur Ermordung von John F. Kennedy nur teilweise veröffentlicht
WASHINGTON - Was Abraham Zapruder am 22. November 1963 in Dallas filmte, ist so oft unter allen nur möglichen Blickwinkeln betrachtet worden, dass es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen gäbe. Der Besitzer eines Kleiderladens stand auf einem Hügel eines kleinen Parks der Stadt. Mit seiner Kamera wollte er dokumentieren, wie John F. Kennedy in einer offenen Limousine durch ein Spalier jubelnder Passanten fuhr. Daraus wurde ein Dokument für die Geschichte. Auf Zapruders Film ist zu sehen, wie Kennedy von Kugeln getroffen wird, abgefeuert von Lee Harvey Oswald, der sich im sechsten Stock des Schulbuchlagers von Dallas verschanzt hatte.
1964 gelangte eine Sonderkommission, geleitet von Earl Warren, dem Vorsitzenden des Obersten Gerichts, auch auf Grundlage des Zapruder-Films zu dem Schluss, dass Oswald auf eigene Faust handelte. Ein verbitterter Mann, einst Scharfschütze der Marineinfanterie, der in der Sowjetunion Asyl gesucht und geheiratet hatte, bevor er in die USA zurückkehrte, wo seine Ehe in die Brüche ging. Dreimal schoss er auf Kennedy. Beim ersten Mal verfehlte er sein Ziel. Beim zweiten traf er den Präsidenten im Nacken, beim dritten Mal den Schädel. Nur hatten Augenzeugen damals den Eindruck, als sei zumindest die letzte, die tödliche Kugel nicht von hinten gekommen, sondern schräg von vorn – also von einem zweiten Schützen. Die Verschwörungstheorien, Oswald habe Komplizen gehabt, blühen bis heute. Komplizen beim Militär, bei der CIA oder der Mafia.
Laut einer Gallup-Umfrage haben 61 Prozent der Amerikaner ihre Zweifel, das Oswald allein handelte, weshalb Aufklärung geboten schien. So sollte es, vom Kongress vor 25 Jahren beschlossen, spätestens in der Nacht zum Freitag geschehen. Das Nationalarchiv in Washington sollte alles freigeben, was noch unter Verschluss gehalten wurde. In letzter Minute aber bekam US-Präsident Donald Trump, dem kraft seines Amtes das letzte Wort in dieser Sache zusteht, kalte Füße. Zuvor hatte der Präsident die Akten zwar noch in einer Verkäuferpose angekündigt, die an Produzenten einer Reality-Show denken ließ, wenn sie die nächste Staffel anpreisen. „So interessant!“, schrieb er in einem Tweet. Dann aber ließ er sich von CIA und FBI überzeugen, dass es im Interesse der nationalen Sicherheit liege, die heikelsten Papiere, etwa 300 von über 3000 Dokumenten, weiterhin wegzuschließen. Schlapphüte und Bundespolizisten bekommen zusätzliche sechs Monate, um sie durchzusehen und womöglich brisante Passagen zu schwärzen.
Brisantes Protokoll bricht ab
Was es schon jetzt zu lesen gibt, sind Fragmente. Da ist eine Notiz des langjährigen FBI-Direktors J. Edgar Hoover vom 24. November 1963, nachdem Jack Ruby, ein Nachtclubbesitzer, Oswald in dem Moment erschossen hatte, als er aus dem Polizeigefängnis geführt wurde. Hoover schreibt, am Abend zuvor habe im dortigen FBI-Büro ein Mann angerufen, der sich als Mitglied eines Komitees zur Tötung Oswalds ausgab.
Da ist ein FBI-Report, in dem es heißt, freilich ohne konkrete Belege, Lyndon B. Johnson, Kennedys Nachfolger im Oval Office, habe zu Beginn seiner politischen Karriere dem KuKlux-Klan angehört. Und da ist schließlich das Protokoll einer Vernehmung von Richard Helms. Der ehemalige CIA-Direktor sagte 1975 unter Eid vor einer Sonderkommission aus, es ging um die Klärung des Verdachts, wonach sein Geheimdienst ausländischen Politikern nach dem Leben getrachtet hatte. Dabei wurde Helms gefragt, „ob es irgendwelche Informationen darüber gibt, dass Lee Harvey Oswald auf irgendeine Weise ein CIA-Agent war oder Agent …“- an dieser Stelle bricht das Protokoll abrupt ab.