Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die SPD setzt auf Basis statt Basta
Parteichef Martin Schulz übt Selbstkritik und will die Mitglieder mehr beteiligen
BERLIN - Die SPD diskutiert nach ihrer Wahlniederlage Fehler der Vergangenheit und Entwürfe für die Zukunft. SPD-Chef Martin Schulz stellte am Montag in Berlin den Leitantrag für den Bundesparteitag Anfang Dezember in Berlin vor. Der sieht vor, die Mitspracherechte der Basis zu stärken, auch bei Personalentscheidungen. „Mehr Macht für die Basis bedeutet eine Stärkung der gesamten SPD“, sagte Schulz. Mehr „Basis statt Basta“hatte NRW-Landeschef Michael Groschek seiner Partei empfohlen.
Widerspruch gibt es allerdings gegen Schulz Wunsch, die Basis solle auch den Parteichef bestimmen. Noch-Generalsekretär Hubertus Heil hat dagegen bereits rechtliche Bedenken angemeldet, weil der Parteitag entscheiden muss. Rudolf Scharping hatte sich zwar einst in einer Urwahl durchgesetzt, musste aber von einem Parteitag bestätigt werden.
Bis zum Bundesparteitag soll noch an dem Leitantrag gefeilt werden. Doch für SPD-Chef Martin Schulz steht jetzt schon fest, dass die SPD immer dann am stärksten ist, wenn sie die großen Themen der Zeit diskutiert. Besonders wichtig für die SPD sei Europa, ein gemeinsames europäisches Vorgehen. „Die SPD ist eine Europapartei und hat bereits in ihrem Heidelberger Programm von 1925 die Vereinigten Staaten von Europa gefordert“, heißt es in dem Antrag. Man wolle auch heute Partner für pro-europäische Bewegungen und Impulse, wie etwas die des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, sein. Kerndomäne der SPD sei auch die Zukunft der Arbeit, das heißt die Frage, wie man den technischen Fortschritt auch in einen sozialen ummünzt. Ein humaner Umgang mit Migration sowie eine vernünftige Zuwanderung sind ebenso wie gesellschaftlicher Zusammenhalt weitere Schwerpunktthemen.
Die SPD und besonders Martin Schulz gehen in ihrem Leitantrag kritisch mit sich selbst um. Vielen Wählern sei nicht klar gewesen, wofür die SPD stehe. Die Partei habe ein „Zutrauensund Wahrnehmungsproblem“. Außerdem sei die späte Kandidatenaufstellung zur Achillesferse der Wahlkampfkampagne geworden.
Doch ist Martin Schulz, der im September das historisch schlechteste Ergebnis der SPD bei Bundestagswahlen (20,5 Prozent) mit verantwortet, weiterhin der richtige Mann an der Spitze? Auch das wird diskutiert. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sagt klar Ja. „Martin Schulz hat die Zügel in der Hand“, so Nahles. „Er hat die Rückendeckung der SPD und natürlich auch meine.“
Sein Stellvertreter, der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, kritisiert dagegen „Ausflüchte“wie jene, Schulz sei zu spät nominiert worden. Er hält sich zurück mit Solidaritätsadressen. Jetzt müsse über Inhalte und nicht über Personen diskutiert werden. Da er noch vor Parteichef Schulz mit seinen eigenen Erneuerungsgedanken an die Öffentlichkeit ging, mutmaßen manche, Scholz halte sich auch als Parteichef bereit.
Dass ausgerechnet der eher als wirtschaftsfreundlich geltende Olaf Scholz jetzt einen politischen Vorstoß nach zwölf Euro Mindestlohn fordert, verwundert viele, wohl auch Schulz. „Ich teile die Auffassung von Andrea Nahles, dass die SPD die Mindestlohnkommission durchgesetzt hat.“Diese Kommission wird von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gebildet und passt den Mindestlohn (derzeit 8,84 Euro) an die allgemeine Lohnentwicklung an. Man müsse die Erfolge der eigenen Regierungspolitik auch als Erfolg betrachten, rät Schulz.