Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gedeon darf wieder bei AfD mitarbeiten
Trotz dessen antisemitischer Schriften nähert sich Fraktion ihrem Ex-Mitglied wieder an
STUTTGART - Die AfD-Fraktion bindet ihren ehemaligen Abgeordneten Wolfgang Gedeon wieder stärker ein. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“hat die Landtagsfraktion in ihrer Sitzung am Dienstag beschlossen, Gedeon in den Arbeitskreis Europa aufzunehmen. NochFraktionschef Jörg Meuthen gefällt das nicht, wie er der „Schwäbischen Zeitung“sagt. „Das ist nicht in meinem Sinne, die Abstimmung ist auch mit knappster Mehrheit ausgefallen.“
Offiziell spricht die AfD davon, ihre Arbeitskreise für Gäste zu öffnen. „Demzufolge können fortan ausschließlich baden-württembergische Landtagsabgeordnete, die nicht der Fraktion der AfD angehören, auf Einladung an den Sitzungen der Arbeitskreise teilnehmen“, heißt es in einer Mitteilung. Diese allgemeine Formulierung dient nach Aussage etlicher Fraktionsmitglieder als Brücke für Gedeon. Eingebracht hatte den Antrag Heiner Merz, der den Arbeitskreis Europa leitet.
Im Sommer 2016 hatte sich die AfD-Fraktion über den Umgang mit dem Abgeordneten Gedeon entzweit. Meuthen wollte ihn wegen antisemitischer Schriften ausschließen, fand dafür aber keine Mehrheit. Daraufhin verließ er mit einem Großteil der Abgeordneten die Fraktion und gründete eine neue, die Alternative für Baden-Württemberg. Nach einer Intervention von Frauke Petry in Stuttgart, die damals Meuthens CoBundesvorsitzende der AfD war, verließ Gedeon aus eigenen Stücken die Fraktion. Er machte damit den Weg frei für den erneuten Zusammenschluss der beiden Fraktionen.
Der erfolgte im
Oktober 2016.
Seitdem ist Gedeon Einzelabgeordneter im
Landtag. Noch immer läuft ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn.
Erster Schritt zurück in Fraktion
Beobachter vermuten, dass dieser Schritt der erste auf Gedeons Weg zurück in die Fraktion ist. „Bedauerlicherweise“, wie ein Fraktionsmitglied erklärt und ergänzt: „Das war schon lange absehbar, dass da wieder Bewegung in die Sache kommt.“Auch Heinrich Fiechtner, der schon seit Längerem im Clinch mit seiner Fraktion steht, glaubt an die Rückkehr Gedeons, wie er sagt. „Es riecht danach.“Meuthen, der Ende des Monats den Fraktionsvorsitz wegen seines Wechsels in das Europaparlament an Bernd Gögel abgibt, glaubt das nicht. „Es wird nach meiner felsenfesten Überzeugung keine Wiederaufnahme von Herrn Gedeon in die Fraktion geben.“Dafür brauche es eine Zweidrittelmehrheit, und die sei überhaupt nicht absehbar. Das nicht, sagt Fiechtner, aber „man kann ja auch eine Satzungsänderung machen“.
Fiechtner kritisiert den künftigen Fraktionschef Gögel „als Unterstützer des Antisemiten Gedeon, und zwar in vorderster Linie“. Wie berichtet, gehörte Gögel im Sommer 2016 zu jenen AfDlern, die in der Fraktion um Gedeon verblieben. Fraktionschef damals war Heiner Merz. Auch nach Gedeons Ausscheiden aus der Fraktion hielt Gögel offenbar guten Kontakt zu ihm. So trat Gedeon während des Bundestagswahlkampfs bei einem Bürgertreff des AfD-Kreisverbands PforzheimEnzkreis, dessen Vorsitzender Gögel ist, als Redner auf. Für eine weitere Stellungnahme war Gögel am Mittwoch nicht erreichbar.
Die anderen Fraktionen im Landtag kritisieren das Vorgehen der AfD scharf. „Wenn das der neue Kurs des Herrn Gögel ist, dann führt er die AfD noch weiter ins rechtsextreme Lager, als das Herrn Meuthen je gelungen ist“, kommentiert SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Ähnlich äußert sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke: „Wenn der neue AfD-Fraktionsvorsitzende Gögel als eine seiner ersten Maßnahmen dieses politische Reha-Programm für einen erwiesenen Rassisten und Antisemiten wie Gedeon akzeptiert, dann zeigt das, dass der stramme Marsch der AfD nach rechts außen ungebrochen weitergehen wird.“
Klare Worte finden auch die Regierungsfraktionen. „Der Schritt ist ungeheuerlich“, sagt der GrünenVorsitzende im Landtag, Andreas Schwarz. „Die AfD zeigt ihr wahres Gesicht. Sie ist im Kern eine rechtsextreme Partei und hat sich nie vom Antisemitismus distanziert. Offensichtlich hat Fraktionschef Bernd Gögel kein Interesse daran, am rechten Rand aufzuräumen, sondern will neue braune Samen säen.“Auch er glaubt, dass dies nur der erste Schritt sei, „Herrn Gedeon mit seinen antisemitischen Überzeugungen wieder hoffähig zu machen“.
CDU-Generalsekretär Manuel Hagel sagt: „Das Verhalten der AfD könnte einen an Goethes Zauberlehrling erinnern: ,Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los‘.“Die Wahrheit sei für Hagel „noch schlimmer“: „Die AfD will diese Geister gar nicht loswerden. Im Gegenteil: Die schleichende Wiedereingliederung des Antisemiten Gedeon in die AfD-Fraktion zeigt den wahren, verlogenen Charakter dieser Partei. Sie ist eine Schande für unser Land.“