Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Generell fehlt eine Zukunftsvision“
Beim Breitbandausbau müsse die Stadt Geld in die Hand nehmen, sagt Ingo Bergmann im Gespräch mit Bihlafingern
BIHLAFINGEN (ry) - „Liebe Laupheimerinnen und Laupheimer“, hat Ingo Bergmann seinen Flyer zur OB-Wahl überschrieben. Damit fängt er sich zu Beginn der Diskussion im Pfarrstadel gleich mal einen Tadel ein: „Wir sind Bihlafinger!“, belehrt ihn ein Bürger. Woraufhin der Kandidat sich beeilt zu versichern, dass er Empathie für die Teilorte mitbringe, um deren eigene Identität wisse und dass sie zuweilen von den Kernstädtern übersehen werde; er wohne schließlich in einem Teilort von Ulm.
Bergmann sagt auch, was sich aus seiner Sicht verbessern ließe. Er kann sich vorstellen, den Teilorten Budgets zur eigenen Verwendung zu geben und Dienstleistungen aus der Rathaus-Zentrale dorthin zu verlagern, näher zu den Menschen hin.
In Bihlafingen sei manches verschlafen worden, bemängelt ein Bürger: „Wir waren ein Bauerndorf, Höfe wurden aufgelöst, wir haben keinen Ortskern mehr.“Er habe nie erkennen können, dass sich die Kommunalpolitiker dazu Gedanken machen. „Von einem Oberbürgermeister erwarte ich, dass er Zukunftsvisionen hat und nicht in den Tag hinein wurstelt“, sagt der Mann.
Ihm sei aufgefallen, dass es generell an einer Zukunftsvision fehle, antwortet Bergmann. „Dass man schaut, wo wollen wir eigentlich hin? Wollen wir weiter unbeschränkt wachsen? Und wie wächst dann die Infrastruktur mit?“Laupheim brauche eine gemeinsam entwickelte Vision, und eine Priorisierung der Vorhaben, denn derart prall gefüllt sei das Stadtsäckel nun auch wieder nicht, „dass alles gleichzeitig geht“.
Als Folge von „Stuttgart 21“erwarte er weiter steigende Mieten und Grundstückspreise in Ulm und noch mehr Druck auf das Umland, sagt Bergmann. Darauf müsse man auch in Laupheim reagieren und überlegen, wie bezahlbarer Wohnraum vor Ort geschaffen werden kann.
Ein Bihlafinger fragt, Bezug nehmend auf Bergmanns Werdegang, inwieweit der Kandidat denn fit sei in Verwaltungs- und Baurecht? Bergmann verweist auf sein berufsbegleitendes Master-Studium in Public Management an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg.
Verbesserungsbedarf sehen die Bihlafinger beim ÖPNV. „Wir müssen besser vertaktet werden“, fordert die Ortsvorsteherin Rita Stetter. Sie sieht eine Abwärtsspirale in Gang: Ein bescheidendes Angebot findet wenig Akzeptanz, was zu neuerlichen Streichungen führt. „Wie wollen Sie das angehen?“, fragt Stetter den OB-Kandidaten.
Bergmann stellt den wirtschaftlichen Zwängen der Busunternehmer politischen Gestaltungswillen gegenüber: „Was will ich fördern?“Er würde prüfen, ob ein Bürgerbus-Verein als ergänzendes Angebot geeignet wäre, und beschreibt ein Modell, wie so etwas funktionieren kann: Stadt und Land fördern den Kauf eines Busses und die Ausbildung ehrenamtlicher Fahrer. Zu den Zeiten, in denen wenige oder keine Linienbusse verkehren, bieten diese kostenpflichtig Fahrten an.
In Vorleistung gehen
Beim Thema Breitband sagt Bergmann, die Stadt müsse Geld in die Hand nehmen und Anschlüsse bezahlen. Frage aus dem Publikum: „Die Stadt würde sich beteiligen, zumindest in Vorleistung gehen?“Antwort: „Genau.“
Noch einmal kommt die Rede darauf, wie sich eine Entwicklung zum „Schlafdorf “vermeiden ließe. Das gehe nur mit einer gemeinsamen Anstrengung, bedeutet Bergmann und meint Ortschaftsräte, Vereine, Alteingesessene und Zugezogene. „Ein schöner Dorfplatz allein bringt nichts, er muss mit Leben gefüllt werden.“Und Angebote müssten ausreichend nachgefragt werden, „sonst funktioniert es nicht“.