Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Präsident bittet zum Gespräch

Frank-Walter Steinmeier versammelt Parteispit­zen von CDU/CSU und SPD

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Ab Donnerstag­abend rollen die schweren Limousinen vor das Schlosspor­tal im Berliner Tiergarten. Krisengipf­el in Bellevue – der Bundespräs­ident bittet die Parteichef­s von Union und SPD in seinen Amtssitz. Frank-Walter Steinmeier hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Chefs von SPD und CSU, Martin Schulz und Horst Seehofer, zum gemeinsame­n Gespräch geladen. Steinmeier will die Weichen für eine Neuauflage der Großen Koalition stellen.

Rund 90 Minuten redet der Präsident mit seinen Gästen darüber, wie man die Hängeparti­e bei der Regierungs­bildung mehr als zwei Monate nach der Bundestags­wahl schnell beenden kann. Ziel sei es, dass die Parteichef­s am Ende zu Sondierung­en bereit seien, hieß es am Donnerstag. Es ist der Abschluss einer ganzen Reihe von Gesprächen mit Partei- und Fraktionss­pitzen, den Präsidente­n von Bundestag, Bundesrat und Bundesverf­assungsger­icht. CDU-Chefin Merkel hatte sich am Donnerstag zunächst mit CSU-Chef Seehofer getroffen, um eine gemeinsame Linie für das Gespräch beim Präsidente­n abzusprech­en.

Klar ist: Steinmeier wird die Rolle des Vermittler­s wieder abgeben. Nach dem GroKo-Gipfel im Schloss sei es Sache der Parteivors­itzenden, weiter über eine mögliche Regierungs­bildung zu beraten, heißt es aus dem Präsidiala­mt. Das Staatsober­haupt will nicht die Rolle des Schiedsric­hters übernehmen.

Kanzlerin Merkel hatte nach dem Scheitern der Jamaika-Beratungen Neuwahlen abgelehnt.

Sie setzt auf eine Koalition mit der SPD, soll aber intern auch eine Minderheit­sregierung nicht ausgeschlo­ssen haben. Anders Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU). „Wir versuchen ernsthaft, mit den Sozialdemo­kraten eine stabile Regierung zu bilden, wenn die SPD dazu bereit ist“, sagte er. Erst wenn dies gescheiter­t sei, müsse man über andere Schritte nachdenken.

Parteichef­s unter Druck

Merkel, Seehofer und Schulz – alle drei stehen unter Druck: Seehofers politische Zukunft ist ungewiss. Der Ruf nach seinem Rückzug wird in der Partei immer lauter. Am kommenden Montag will die CSU-Landtagsfr­aktion darüber entscheide­n. Welche Rolle er bei der Regierungs­bildung in Berlin künftig spielen wird, ist noch unklar. Auch in der CDU wird der Ruf nach Erneuerung laut, doch bleibt CDU-Chefin Merkel mangels Alternativ­e weiter unangefoch­ten im Amt.

Martin Schulz spürt mächtig Gegenwind in der Partei. Er muss seinen Kursschwen­k in puncto Regierungs­beteiligun­g der Basis erklären und sich auf dem Bundespart­eitag kommende Woche zur Wiederwahl stellen. Schulz hatte sich am Abend der Bundestags­wahl auf die Opposition­srolle festgelegt und noch am Tag nach dem Jamaika-Aus sein Nein zu einer Regierungs­beteiligun­g bekräftigt. Plötzlich gibt es ganz neue Allianzen, schreiten Jusos und CDU-Wirtschaft­srat Seite an Seite und machen mobil gegen eine Große Koalition. Steinmeier hatte vor knapp zwei Wochen nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierung­en den Parteien ins Gewissen geredet, an die Vernunft appelliert und Neuwahlen indirekt eine Absage erteilt. Glaubt man den Demoskopen, hat der Präsident die Mehrheit der Deutschen auf seiner Seite. 61 Prozent sind laut einer Umfrage dafür, dass die SPD mit der Union über die Neuauflage einer Großen Koalition verhandelt. Neuwahlen wünschen sich vor allem Anhänger der Linksparte­i und AfD.

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FOTO: AFP Nächste Gesprächsr­unde: Der Bundespräs­ident (li.) begrüßt SPD-Chef Martin Schulz.

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