Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Dem digitalisierten Parken gehört die Zukunft
App-basierte Lösungen garantieren eine minutengenaue Abrechnung und weisen den Weg
(dpa) - Mit Spezialschlüssel und Geld-Staubsauger sind die Mitarbeiter der Ordnungsämter in den 1960er-Jahren durch die Innenstädte gezogen, um die Parkuhren zu leeren. Seither hat sich in der Parkwelt einiges getan. Einzelparkuhren sind selten geworden. Heute decken Parkscheinautomaten gleich größere Flächen ab. Dank der Vernetzung setzen sich zudem App-basierte Parkraumlösungen durch, bei denen der Autofahrer alles online regeln kann.
Die Mutter aller Parkautomaten aber ist die Münz-Parkuhr „Parkograph“. „1954 wurde das erste Modell von Kienzle aufgestellt“, sagt Stefan Forster von Hectronic, dem Nachfolgeunternehmen. Die erste Parkuhr PU 1 war dabei ein reiner Nachbau eines US-Modells und wurde mit zehn Pfennig gefüttert. Dafür durften Autofahrer ihr Fahrzeug eine Stunde lang parken. Um die Zeituhr zu starten, mussten sie einen Knebel nach rechts drehen.
Euro-Umstellung zu teuer
In der Folge entwickelte Kienzle die Parkuhren weiter und verfeinerte die Technik. Bei den späteren, von Kienzle selbst erdachten Modellen genügte es dann, einen Groschen einzuwerfen, um die Parkuhr zu starten. „Zudem konnte durch den Einwurf gleich mehrerer Münzen die Parkzeit verlängert werden.“Das Aus für die klassische Einzelparkuhr kam dann vielerorts mit der EuroEinführung. Weil die Münzumstellung teils kostspielige Anpassungen in den Uhren zur Folge gehabt hätte. Heute lohnen sich einzelne Parkuhren nur noch, wenn die Zahl der Parkplätze so gering ist, dass ein Parkscheinautomat zu teuer wäre.
Die meisten Parkplätze werden inzwischen mit Parkscheinautomaten abgedeckt. „Für Städte und Kommunen ist das die effektivste Möglichkeit“, Anbieter wie ParkNow arbeiten mit Apps auf dem Smartphone. Die Parkkosten werden dann via Bankeinzug abgerechnet.
sagt Forster. Dies gelte für die optionale Stromversorgung mit einem Solarpanel ebenso wie für die verschiedenen Bezahlmöglichkeiten. Insgesamt werden in Deutschland pro Jahr etwa 2500 Parkscheinautomaten aufgestellt. Die Anforderungen an die Systeme sind hoch, denn die Apparate sind Ticketautomat, Bezahlterminal und Tresor in einem. Da die Automaten in der Regel im Freien stehen, müssen sie zudem robust sein, starke Temperaturschwankungen
aushalten können und mitunter auch Einbruchsversuchen standhalten.
Ein verstärkter Stahlunterbau sichere die Einnahmen gegen Einbruch und schütze vor Vandalismus. „Zudem gewährleisten selbstsichernde Geldwechselkassetten den sicheren Transport der Einnahmen“, sagt Forster. Denn obwohl vieles inzwischen mit Bankkarten bezahlt werde, sei der „Parkgroschen“nach wie vor am beliebtesten. „Die Münze
hat sich seit der ersten Parkuhr bis heute bewährt. Später kamen dann regionale Prepaid-Karten wie Stadtkarten hinzu und seit Ende der 1990er-Jahre auch vereinzelt ECKarten“, so Forster. Die Mehrzahl der Parkscheinautomaten liefere Hectronic jedoch ohne die Möglichkeit der Kreditkartenzahlung aus. Beliebter werde hingegen das kontaktlose NFC-Verfahren, das sowohl mit Karten als vielfach auch mit Smartphones möglich ist. Deutschland stelle hier im europäischen Vergleich noch eine Ausnahme dar. In anderen Ländern seien die Münzen längst komplett aus den Parkautomaten verschwunden. Komplett digitalisierte und vernetzte Parkraumlösungen seien die Zukunft.
Wer seine Parkzeit überschreitet, riskiert von der ersten Minute an ein Bußgeld. Denn einen Toleranzbereich wie beim Tempolimit gibt es nicht. „Das ist zunächst einmal eine Ordnungswidrigkeit, die bei einer Überschreitung von bis zu 30 Minuten mit zehn Euro geahndet wird“, sagt Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsrecht. Überziehe der Autofahrer um mehr als eine Stunde, dürfe das Ordnungsamt den Wagen auch abschleppen lassen.
Gänzlich ohne Parkschein kommen Systeme wie ParkNow aus. Hier bezahlt der Autofahrer den Parkplatz über eine App, über die der Parkvorgang auch mit einem Fingerdruck gestartet und beendet wird. Der Vorteil liegt in der minutengenauen Abrechnung. Bezahlt wird dann am Monatsende per Bankeinzug. „An der speziellen Parkplakette hinter der Windschutzscheibe erkennt der Kontrolleur, dass dieses System genutzt wird“, sagt Julia Frank von ParkNow. Der digitale Parkschein werde dann anhand des Kennzeichens überprüft. Voraussetzung ist, dass es für die Parkflächen eine Kooperation zwischen ParkNow und den Kommunen oder Parkhausbetreibern gibt. Die App weist dem Autofahrer auch den Weg zu diesen Parkzonen. Ob dort jedoch noch ein Platz frei ist oder nicht, kann nicht vorher abgefragt werden.
Freie Parkplätze finden
Diese Möglichkeit jedoch werde es schon bald immer öfter geben, ist der Digitalisierungsberater Sven Kramer von der Firma Liquam überzeugt. „Immer mehr Parkplätze werden beispielsweise mit Bodensensoren ausgestattet, die erkennen, ob ein Fahrzeug auf der Fläche steht oder nicht.“Eine weitere clevere Idee seien Radarsensoren, die an erhöhten Punkten befestigt werden und freie Parkplätze über eine App kommunizieren.
Infos zu Parkgebühren
Einen anderen Weg geht die Firma TomTom. Sie bietet mit On-StreetParking in derzeit 75 Städten einen GPS-basierten Dienst an, der freie Parkplätze über das Navigationssystem anzeigt. Hierbei werde auf Basis der GPS-Daten errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, am Zielort einen freien Parkplatz zu finden, erläutert Ralf-Peter Schäfer von TomTom. Der Anbieter will seinen neuen Dienst zukünftig noch mit Infos zu Parkgebühren und zu Parkeinschränkungen ergänzen.
Ganz individuelle Lösungen bieten Parkhäuser an. „Registrierte Kunden können dort einfach einfahren, parken und – ohne lange am Kassenautomaten stehen zu müssen – wieder ausfahren“, sagt eine Sprecherin des Parkhausbetreibers Apcoa. Das System erfasse die Zeit beispielsweise über einen Funk-Chip. Online sei dann genau sichtbar, wann und wo wie lange geparkt wurde.