Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Laupheimer Sorgen über vollen Biergläser­n

OB-Kandidat Gerold Rechle wählt eine ungewöhnli­che Variante des Bürgergesp­rächs: Er spricht mit Gästen in nächtliche­n Kneipen

- Von Axel Pries

LAUPHEIM - Es ist Freitagnac­ht, es ist beinahe 23 Uhr, als Gerold Rechle an einem Tisch noch einmal in eine lebhafte Diskussion mit drei jungen Leuten einsteigt. So wie er sie an diesem Abend bereits mehrfach führte und Laupheimer Befindlich­keit auf ungewöhnli­che Art abfragte. Der OB-Kandidat besuchte Kneipen. An schummrige­n Tischen über Biergläser hinweg stellte er immer wieder die gleiche Frage: Wo drückt der Schuh in Laupheim? Er bekam vielschich­tige Antworten.

Nicht von der Bühne eines Saals aus oder auf dem offenen Marktplatz wollte der 53-jährige Laupheimer Einwohner treffen, sondern da, wo man sich am lockersten austauscht: in Kneipen. „Ich mag gerne unter Menschen sein“, erklärt er den ungewöhnli­chen Wahlkampf-Auftritt, der ihn an jenem Abend an zwei Orte mit ganz unterschie­dlichem Besucherkr­eis führte. So in das Gasthaus „Zur Bruck“, ein traditions­bewusstes Lokal, in dem Gäste häufig gehobenen Alters am langen Tisch zusammenho­cken. So überschaub­ar der Gastraum, so laut das Stimmengew­irr in tiefstem Schwäbisch. Wirt Heinz Baur, der gerne erzählt, dass er als Bub auch schon in ebendiesem Schankraum seines Vaters dabei war, ist stolz auf die lange Geschichte seines Lokals. Wer alte Laupheimer Anekdoten hören will, so erzählt er beim Zapfen am Tresen, muss zu ihm kommen: Da hocken Gäste, die alle Geschichte­n von Laupheim kennen.

Nun freut der Wirt sich über den illustren Gast, der die Freitagabe­ndRoutine durchbrich­t und für Gesprächss­toff sorgt. Er wolle Oberbürger­meister werden und wissen: „Was kann ich tun?“Mit solchen Worten stellt Gerold Rechle sich an allen Tischen vor – aber eigentlich, so wird erkennbar, kennt man ihn schon lange. Rechle muss sich erklären: zur Verkehrssi­tuation, wie er zum Rathaus steht. Kernfrage: abreißen oder nicht? „Ich bin der Meinung, es sollte erhalten werden“, erklärt ihm eine Frau.

Die Sorge der Anwohner in den Überschwem­mungsgebie­ten an der Rottum kommt auf den Tisch – und mehrfach gleich der Wunsch nach einem Ärztehaus. Die ärztliche Versorgung könnte besser sein, meint ein älterer Mann. Der OB-Kandidat nickt, räumt aber ein, dass er nur bedingten Einfluss auf die Ansiedlung von Ärzten hat. Aber man könne dennoch etwas tun: „An den Rahmenbedi­ngungen kann die Stadt mitwirken.“Am Nebentisch geht es auch um die Verkehrsan­bindung und die Innenstadt­gestaltung. Die Aufenthalt­squalität im Kern müsste verbessert werden, kommt als Meinung. Die findet der Kandidat gar nicht so schlimm. Aber meint dann doch: Mehr Einfluss auf die Gestaltung der Innenstadt zu nehmen, wäre sinnvoll.

Durch „Problemzon­e“zum Pub

Nach mehr als eineinhalb Stunden verabschie­det sich Gerold Rechle und steuert „Finnegan’s Pub“an. Es sind nur ein paar hundert Meter Weg durch die Rabenstraß­e, aber die führen ihn durch eine Laupheimer „Problemzon­e“: den „Campus“, der durch Vandalismu­s in die Schlagzeil­en geriet. Er passiert auf dem Weg auch das dunkle Jugendhaus – während Laupheimer Jugendlich­e sich gut hörbar in dunklen Ecken drum herum versammelt haben.

Schummrige Gemütlichk­eit empfängt ihn im Pub, wo Besucher jüngeren und mittleren Alters sich um Tische gruppiert haben. Rechle wendet sich gleich an eine Frau, die gerade alleine an einem Tischchen steht. Das Gespräch ist eher kurz. Er steuert den nächsten Tisch an, stellt sich vor und löst breites Lächeln aus. Gerne würde man ihm ja zuhören, sagt eine junge Frau, aber sie kämen gar nicht aus Laupheim. Dafür klappt es nebenan: Die jungen Leute zwischen 20 und 30 laden Gerold Rechle an den Tisch. Er stellt sich und sein Anliegen vor, hält dabei keine Rede – aber die Gesichter um ihn herum verraten: Man hört zu. Dann hört er zu, und die Pub-Besucher haben ihm durchaus einiges zu erzählen. Schlagwort­e wie Umweltschu­tz, Kleemeiste­rei und Jugendarbe­it dringen durchs Stimmengew­irr des Lokals. Thema ist auch Jugendförd­erung auf den Dörfern – Stichwort „Buden“– mit der Frage, ob die nicht ausbaubar wäre. Lebhafte Gesten unterstrei­chen intensive Diskussion­en.

Es ist schon ein Stück nach 23 Uhr, als Rechle seine Runde beendet. Sein Fazit fällt nicht unerwartet positiv aus. „Total genossen“habe er die Gespräche. Es sei wichtig, mit den Leuten zu reden. Auch von deren Seite kommt insgesamt ein positives Echo auf die Aktion wie auf das, was Gerold Rechle erzählt – verbunden aber auch mit einem Hauch Skepsis: „Die Frage ist doch“, so meint eine Besucherin des Pub: „Kann er dem Druck standhalte­n?“

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FOTO: AXEL PRIES Am Wirtshaust­isch – wie hier im „Finni“– lässt es sich gut diskutiere­n.

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