Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bello und die Grammatik
Da wedelt der Schwanz mit dem Hund. So sagt man, wenn etwas genau andersherum läuft, als eigentlich zu erwarten gewesen wäre. In Zeiten von Koalitionsgesprächen hat diese Redensart Hochkonjunktur. Da geben zwischendurch die kleineren Partner den größeren die Regeln vor, da trumpfen die Schwächeren gegenüber den Stärkeren auf – und prompt sagt oder schreibt wieder jemand, da wedle der Schwanz mit dem Hund. Will heißen: eine verkehrte Welt! Aber die gibt es auch auf anderen Feldern, zum Beispiel bei der Grammatik. Unlängst schaute ein Hund aus dieser Zeitung heraus, die Pfoten schon auf dem Zaun, die Zähne gefletscht. Und unter dem Foto stand: „Bellende Hunde müssen Nachbarn zwar im Prinzip ertragen – allerdings nicht unbegrenzt.“Da stellt sich schon die Frage: Wer muss da wen ertragen? Darf Bello dem Herrn Meier von gegenüber wirklich ans Hosenbein, wenn er ihn partout nicht mehr leiden kann? Natürlich nicht. Hier hapert es lediglich bei der Satzstellung.
Solche irreführenden Formulierungen finden sich sehr oft. Aber woher rührt dieses Problem? Stark vereinfacht dargestellt: Im Deutschen ist die Abfolge im Satz in der Regel: Subjekt im Nominativ – Verb – Objekt im Akkusativ. Soll das Akkusativobjekt betont werden, so kehrt sich die Reihenfolge jedoch um. Ein Beispiel: „Der Vater schmückt den Christbaum.“Alles klar. „Den Christbaum schmückt der Vater.“Auch klar. Denn das soll heißen: Das hat schon immer er gemacht – und nicht die Mutter.
Etwas komplizierter wird es, wenn in der Mehrzahl die Artikel entfallen, denn da kann man dann oft zwischen Nominativ und Akkusativ nicht mehr unterscheiden. Ein Beispiel: „Kinder mögen Plätzchen.“Will man Plätzchen betonen, etwa im Gegensatz zu Lebkuchen, so heißt der Satz: „Plätzchen mögen Kinder besonders
gerne.“Hier bewahrt letztlich der Kontext vor einem Missverständnis. Ganz anders sieht es bei folgendem Beispiel aus: „Kinder mögen Omas und Opas – vor allem in der Weihnachtszeit.“Da ist die Perspektive noch einigermaßen klar. Dreht man den Satz aber um, also „Opas und Omas mögen Kinder besonders gern – vor allem in der Weihnachtszeit“, so hat der Hörer oder Leser die Qual der Wahl.
Oder noch ein etwas anders gelagerter Fall. „Das Gespenst, das Putin fürchtet“, so schrieb ein großes deutsches Online-Portal kürzlich über einen Artikel zur Oktoberrevolution. Auch hier stutzt man kurz: Putin fürchten viele, aber macht er jetzt sogar Geistern Angst? Könnte ja sein. Bei manchen IOC-Funktionären hat er es auch geschafft, wie dieser Tage zu erleben. Allerdings will der Alpha-Rüde im Kreml – wenn es wirklich dabei bleibt – den zugelassenen Sportlern ohne Doping-Strafregister den Start wohl gnädig freistellen. Alles andere wäre auch ein dicker Hund.