Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ärger um S-Bahn am Bodensee
Bodo-Chef kritisiert Vorstoß des Grünen-Fraktionsvorsitzenden zu Bodensee-S-Bahn
STUTTGART (kab) - Jürgen Löffler, Geschäftsführer der BodenseeOberschwaben Verkehrsverbund Gesellschaft (bodo), hat seinem Ärger in einem Brief an Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz Luft verschafft. Der hatte im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“vom Bund eine S-Bahn am Bodensee gefordert. Diese Forderung sei „weit von der Wirklichkeit entfernt“, schreibt Löffler und fordert, zunächst die akuten Probleme der Gürtelbahn zu lösen.
STUTTGART - Für Pendler und Reisende auf der Bodensee-Gürtelbahn sind fehlende Waggons und dadurch übervolle Züge seit Monaten Standard. Entsprechend gereizt reagiert Jürgen Löffler, Geschäftsführer der Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund Gesellschaft (Bodo), auf Aussagen des Grünen-Landtagsfraktionschefs Andreas Schwarz. Der hatte in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“vom Bund eine moderne S-Bahn am Bodensee gefordert. Diese Forderung sei „weit von der Wirklichkeit entfernt“, schreibt Löffler in einem Brief an Schwarz und verlangt von der Landesregierung, endlich die akuten Probleme auf der Gürtelbahn zu lösen.
„Wir brauchen ein Sofortprogramm für die Elektrifizierung und den Ausbau weiterer Bahnstrecken in Baden-Württemberg“, hatte GrünenFraktionschef Schwarz in der „Schwäbischen Zeitung“gesagt. „So muss die Bodensee-Gürtelbahn endlich modernisiert und teilweise zweigleisig werden.“Die Schweiz und Österreich hätten längst ein funktionierendes S-Bahn-System rund um den See, nur Deutschland sei Entwicklungsland. „Das Land hat mit eigenem Geld Teile der Strecke ausgebaut. Doch das ist eigentlich Aufgabe des Bundes. Es sind seine Bahnstrecken, er ist in der Pflicht“, richtet Schwarz seinen Appell nach Berlin. „Der Bodensee benötigt eine moderne S-Bahn, wie andere Metropolregionen auch.“
Forderung nach Halbstundentakt
Dieses Ziel unterstützen auch die Akteure am See. „Eine S-Bahn wäre eine tolle Sache“, sagt etwa Robert Schwarz, Sprecher des Bodenseekreises. „Aber das wäre im wahrsten Sinne des Wortes ein Traum.“Am jahrzehntelangen Ringen um die Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Bodensee zeige sich, wie lange so etwas dauere. Die Realität für Bahnfahrer am See ist indes eine andere: eingleisiger Bahnbetrieb mit Dieselloks, lediglich im Stundentakt. „Ein Quantensprung wäre für uns bereits ein Halbstundentakt“, sagt er. Dass der möglich sei, habe eine Studie eines Planungsbüros aus Zürich im Auftrag des Landratsamts des Bodenseekreises gezeigt.
Darauf verweist auch Bodo-Geschäftsführer Löffler in seinem Brief an Grünen-Fraktionschef Schwarz. „Wie wollen Sie ernsthaft den Bürgern, Politikern, Fahrgästen und auch den am Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund Beteiligten vermitteln, dass die nicht mehr allzu neue Idee einer Bodensee-S-Bahn die heutigen Probleme lindern oder lösen können?“, fragt Löffler und kritisiert: „Diese Probleme sind in dieser Dimension bisher unbekannt gewesen und fallen in Ihre Regierungsverantwortung.“
Die Krise auf der Bodensee-Gürtelbahn dauere schon seit 15 Monaten an, klagt Löffler. Dass die Züge oft mit zu wenigen Waggons fahren, erklärt die Bahn-Tochter Regionalverkehr Alb-Bodensee (RAB) mit technischen Problemen an der eingesetzten Zug-Baureihe. Die Mängel zu beheben dauere an, obwohl die BahnWerkstatt in Ulm auf Hochtouren arbeite. So lange seien die Kapazitäten eingeschränkt.
Was Löffler und auch Bodenseekreis-Landrat Lothar Wölfle (CDU) aber besonders bitter aufstößt: Das Land hatte die Kapazitäten im Bahnverkehr am See 2016 reduziert, als es die Strecken Radolfzell-Friedrichshafen und Friedrichshafen-Lindau neu vergeben hat – auch im Berufsverkehr. Bei einem Krisentreffen drei Tage vor Weihnachten im Verkehrsministerium machten sich Löffler und Wölfle darüber Luft. Ministerialdirektor Uwe Lahl sicherte zu, diese Reduzierung zu überprüfen und stellte zusätzliches Geld in Aussicht.
Der Verkehrsexperte der CDULandtagsfraktion Thomas Dörflinger glaubt nicht an eine schnelle Lösung. „Wenn das so weitergeht, steigen die Leute wieder auf ’s Auto um“, sagt der Biberacher Abgeordnete und stellt in Frage, ob das Verkehrsministerium bei der Ausschreibung für die Strecken genügend Wert auf die Qualität der eingesetzten Züge gelegt hat. „Das scheint nicht so.“
Nächstes Krisentreffen angesetzt
Ein weiteres Krisentreffen, an dem auch er sowie alle Betroffenen in der Region beteiligt sind, ist für den 30. Januar im Verkehrsministerium angesetzt. Die Bodo-Geschäftsführung wie auch der Bodenseekreis erwarten von diesem Termin, dass sich das Land dazu verpflichtet, die Zugkapazitäten wieder aufzubauen: auf grundsätzlich zwei Waggons zwischen Friedrichshafen und Lindau sowie grundsätzlich dreiteilige Züge zwischen Friedrichshafen und Radolfzell.
Das Verkehrsministerium verhandle seit einiger Zeit intensiv mit der Bahn über die Verbesserung der „unhaltbaren Zustände“, sagt ein Ministeriumssprecher. „Sollte das nicht zum Erfolg führen, werden wir auch vor unkonventionellen Schritten nicht zurückschrecken.“