Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Auf Beutezug im Flüchtlingsheim
Ein Mann wollte mit seinem Sohn Fahrräder aus einer Asylbewerberunterkunft stehlen - Bewohner wehren sich
NEU-ULM - Ausgerechnet aus einer Asylbewerberunterkunft wollten zwei Männer Fahrräder stehlen. Doch mit dem Widerstand von den Heimbewohnern haben die beiden wohl nicht gerechnet. Die Auseinandersetzung endete für einen Flüchtling mit einer Beinverletzung. Der Vorfall landete nun vor dem Amtsgericht in Neu-Ulm.
Angeklagt sind die beiden Männer bei denen es sich um Vater und Sohn handelt. Der 51-Jährige ist bereits in Rente, der 28-Jährige arbeitet in einer Reinigungsfirma. Wie der Jüngere angibt, wollten sie aus mehreren kaputten Rädern ein neues zusammenzubasteln.
An dem Tattag, Ende Februar 2017, beobachteten zwei Bewohner des Asylbwerberheimes, wie die beiden Angeklagten Fahrräder in einen Kombi verfrachteten. Einer der beiden Asylbewerber war alarmiert. Kurz zuvor sei ihm sein Rad gestohlen worden, berichtet er vor Richter Thomas Mayer. Er ging zu den Männern. „Ich fragte die beiden, ob sie auch mein Fahrrad genommen haben“, sagt der 22-jährige Flüchtling. Sofort sei der Vater ins Auto gestiegen und habe losfahren wollen. Zu dem Zeitpunkt hätten sich bereits fünf bis sechs Räder im Wagen befunden, berichtet der Nigerianer.
Die beiden Asylbewerber entschieden, sich aufzuteilen: Einer versuchte, den jüngeren der beiden Diebe zu fassen. Der andere hielt derweil das Hoftor zu, damit der Vater mit dem Wagen nicht flüchten konnte – das war vergeblich.
Langsam schob der Mann mit seinem Auto die Einfahrtstür auf – und verletzte dabei den Flüchtling am Schienbein.
Doch die Verfolgungsjagd war noch nicht vorbei. Der andere Flüchtling konnte den Sohn schnappen. Der Vater stoppte den Wagen. „Ich konnte sie nicht einfach gehen lassen“, sagte der 41-jährige Mann im Zeugenstand. Zwar habe er sein Handy immer in der Hosentasche, da er mit beiden Händen den jungen Fahrraddieb festhielt, habe er nicht die 110 wählen können. Stattdessen bat er einen herannahenden Autofahrer, die Polizei zu verständigen.
Gleich mit sechs Streifenwagen trafen die Beamten ein. Doch in dem Diebeswagen befand sich nur noch ein Fahrrad mit einem geschätzten Wert von 50 Euro. Die anderen hatten die Diebe auf dem Hof des Asylbewerberheims gelassen.
Letztendlich stellte sich der Fall als weniger dramatisch heraus, als zunächst vermutet: Den Angeklagten konnte nur der Diebstahl eines Rads nachgewiesen werden. Zudem gab der 41-jährige Flüchtling an, dass der Dieb ihn nicht ernsthaft verletzt habe. Der andere Asylbewerber musste aber eine Zeit lang Krücken tragen. Denn sein Schienbein wurde verletzt, als er versuchte, das Hoftor zu versperren.
Richter Mayer verurteilte beide Angeklagten zu einer Geldstrafe. Der 28-Jährige muss 40 Tagessätze zu jeweils 15 Euro bezahlen. Seinem Vater wurden 100 Tagessätze in gleicher Höhe auferlegt. Zudem wird dem 51Jährigen für zwei Monate sein Führerschein abgenommen.
Dies begründete Mayer damit, dass der Täter sein Auto „wie eine Waffe“eingesetzt habe und damit hingenommen habe, den Flüchtling zu verletzen. Zugleich zeigt sich der Richter erfreut über den Einsatz der beiden Asylbewerber: „Es ist schön zu sehen, dass die Flüchtlinge so viel Vertrauen in unsere Polizei zeigen und wollten, dass die Beamten den Fall aufklären.“