Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Vorbestrafter
Innerhalb von sieben Monaten ist jetzt der zweite Premierminister Rumäniens an einem mächtigen Parteichef gescheitert, der jetzt auch dem Präsidenten ein Absetzungsverfahren androht. Der Chef der Sozialdemokratischen Partei (PSD), Liviu Dragnea will als mächtiger Schattenpremier jede Regierung kontrollieren. Nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten Mihai Tudose wächst Dragneas Macht nun weiter. Der 55-jährige Dragnea gilt als grobschlächtig und skrupellos. Er leidet darunter, dass er trotz eines großen Wahlsiegs im Dezember 2016 selbst nicht Premier sein darf, weil ihm dies als Vorbestraftem die Verfassung verbietet.
Vor einem Jahr wollte Dragnea mit einer Gesetzesänderung erreichen, korrupte Politiker von gerichtlicher Verfolgung zu verschonen. Wochenlange Massenproteste zwangen die Regierung, das Vorhaben aufzugeben. Doch Dragnea ließ nicht locker: Vor Weihnachten verabschiedete das Parlament eine „Justizreform“, die Richter und Staatsanwälte praktisch unter Kuratel eines übergeordneten Regierungsgremiums stellt, das jederzeit Ermittlungen oder Anklagen gegen korrupte Politiker abdrehen kann.
Dragnea, der Ingenieurwesen studierte und seit 2005 PSD-Chef ist, wäre selber Nutzniesser einer laschen Korruptionsbekämpfung: Im November eröffnete die DNA ein drittes Verfahren gegen ihn, das auch auf Ermittlungen der EU-Antikorruptionsbehörde Olaf beruht. Demnach soll eine von Dragnea gelenkte „kriminelle Verschwörung“seit 2001 rund 20 Millionen Euro an EU-Fördergeldern zweckentfremdet haben. Ein weiteres Verfahren gegen Dragnea läuft wegen Machtmissbrauchs und Korruption aus den Jahren, als er Präsident seiner südrumänischen Heimatprovinz Teleorman war. Die rechtskräftige Vorstrafe, die ihn als Premier verhindert, erhielt er im April des Vorjahres, als er in letzter Instanz wegen Wahlmanipulation zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Rudolf Gruber