Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bei den berühmten Schwaben angekommen
300 Besucher feiern die Eröffnung der neu gestalteten Carl-Laemmle-Räume im Museum
300 Besucher feiern die Eröffnung der neuen Carl-Laemmle-Räume.
- „Uncle Carl“hat Geburtstagstorten gemocht, Torten, die so viel wogen wie er. Zum 151. Wiegenfest wurde in seiner Geburtsstadt Laupheim zwar keine angeschnitten, am Vorabend aber die komplett neu gestaltete Carl-Laemmle-Abteilung im Museum zur Geschichte von Christen und Juden eröffnet.
„Wir wollen die Besucher von Neuem für den Erfinder Hollywoods und seine sagenhafte Biografie begeistern“, sagte OB Rainer Kapellen vor rund 300 Gästen im Kulturhaus. 200 000 Euro hat die Stadt Laupheim investiert. Cornelia Hecht und Rainer Schimpf vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg entwickelten das Konzept, die Berliner Ausstellungsarchitektin Ruth Schroers setzte es in Szene. In drei Räumen und einem kleinen Kino werden Laemmles Leben und Wirken jetzt unter Einsatz interaktiver Medien erzählt. „Damit sind wir auf dem Stand der Zeit“, freute sich Kapellen und hob auch das ehrenamtliche Engagement von Laupheimern in der Laemmle-Forschung (allen voran Udo Bayer) und für das Museum hervor.
Die 1998 eröffnete Dauerausstellung sei etwas Besonderes, sagte Petra Olschowski, Staatssekretärin im Stuttgarter Wissenschaftsministerium. Nirgendwo sonst werde die christlich wie auch jüdisch geprägte Vergangenheit zusammen erzählt. Die neuen Laemmle-Räume seien inhaltlich wie ästhetisch anspruchsvoll und gelungen.
In brennender Sorge
Olschowski beschrieb Laemmle als Visionär, der früh das Potenzial des Mediums Film als populäres künstlerisches Ausdrucksmittel erkannte, und als knallharten Geschäftsmann, der sich gleichwohl Großzügigkeit,
Petra Olschwoski über Laemmles humanitäres Engagement
Warmherzigkeit und Mitgefühl bewahrt habe. Seine Bürgschaften, die rund 300 deutschen Juden ein Entkommen vor den Nationalsozialisten und die Einreise in die Vereinigten Staaten ermöglichten, zeugten von einem verantwortungsbewussten Mann, in brennender Sorge um bedrohte unschuldige Menschen – Laemmle sah es als Herzensangelegenheit und Pflicht an, ihnen zu helfen. Unterstützt hat er auch seine Heimatstadt, etwa mit Kleiderspenden im deutschen Krisenjahr 1923. Man möge die Lieferung ohne Ansehen der Konfession verteilen, instruierte er die Laupheimer Stadtverwaltung.
„Unsere Gesellschaft braucht Menschen, die sich für Benachteiligte und Ausgegrenzte einsetzen und Zivilcourage zeigen, die helfen, gerade auch wenn sie wirtschaftlich erfolgreich sind und zum Establishment gehören“, würdigte Petra Olschowski Laemmles humanitäres Engagement.
Jo Müller, SWR-Regisseur, hat einen
OB Rainer Kapellen über die neu konzipierten Laemmle-Räume
Film über Laemmle gedreht und aktuell Spuren in Los Angeles gesucht. Seine Erkenntnis: Der 150. Geburtstag spielte dort offenbar keine große Rolle. „Mir wurde gesagt, Hollywood schaut nach vorn, nie zurück“, berichtete er. Umso intensiver pflegen Nachkommen wie die Urgroßnichte Rosemary Hilb und die Ururgroßnichte Antonia Carlotta die Erinnerung an „Uncle Carl“. Und auch Sandy Einstein kommt in dem Film zu Wort; sein Vater gehörte zu denen, die eine Bürgschaft Laemmles vor Hitlers Schergen gerettet hat.
Gründergeist und großes Herz
Paula Lutum-Lenger vom Haus der Geschichte führte in die neue Laemmle-Abteilung ein. Gründergeist, einen liebenswerten Charakter und ein großes Herz attestierte sie dem auch in Laupheim lange vergessenen Studioboss; erst ein Dokumentarfilm von Hans Beller („Der Traumfabrikant“, 1982) habe den Anstoß gegeben, ihn wiederzuentdecken. Nicht zuletzt mit der Sonderausstellung in Stuttgart zum 150. Geburtstag habe Laemmle nun „endlich den verdienten Platz in der Galerie berühmter Schwaben“eingenommen.
Musikalisch geadelt haben den Festakt drei Mitwirkende aus dem Musical „Makin’ Hollywood“, geschrieben von Peter Schindler und Ulrich Michael Heissig, das im November in kongenialer Zusammenarbeit von städtischer Musikschule und Carl-Laemmle-Gymnasium eine glanzvolle Uraufführung erlebte. Marisa Hartelt sang, begleitet von Joe Fessele am Klavier, vom Ehrgeiz der Hauptdarstellerin Rebekka, ein Star zu sein; Sara Schick als Mutter Laemmle bekniete ihr „Jingele“Carl, nicht zu ihren Lebzeiten auszuwandern; der Laemmle-Darsteller David Oesch schmetterte im Brustton der Überzeugung den Wahlspruch des Filmfabrikanten: „It can be done“.
„Unsere Gesellschaft braucht Menschen, die sich für Benachteiligte und Ausgegrenzte einsetzen.“
„Wir wollen die Museumsbesucher von Neuem für den Erfinder Hollywoods begeistern.“