Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Theoretiker
„Für mich sind Reparationsforderungen kein Thema“, bekannte Polens neuer Außenminister Jacek Czaputowicz (61) noch kurz vor seinem ersten Besuch am Mittwoch in Berlin. Der Warschauer PolitikProfessor, der seit Jahren im Programmrat der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS) sitzt und vor ein paar Tagen zum neuen Chefdiplomaten Polens ernannt wurde, stimmte dann aber dem Vorschlag seines Amtskollegen Sigmar Gabriel (SPD) zu, eine deutsch-polnische Expertengruppe zu gründen, die das Thema Kriegsreparationen genauer analysieren soll.
Czaputowicz rannte bei Gabriel offene Türen ein, als er für die Neuaufnahme des bilateralen Dialogs warb. Denn wie bereits in den Jahren 2005 bis 2007, als die PiS schon einmal die Regierung Polens stellte und auf Konfrontationskurs zu Deutschland ging, reagierte Berlin in den letzten beiden Jahren vor allem mit freundlichem Schweigen. Nach dem Treffen mit Czaputowicz versicherte nun Gabriel: „Das deutsch-polnische Verhältnis ist für die Zukunft der EU genauso wichtig wie das deutsch-französische Verhältnis.“
Czaputowicz kennt die internationale Politik vor allem als Theoretiker. Als Professor publizierte er zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze und Bücher, übernahm ab 1990 auch immer wieder Planungsaufgaben im Außenministerium. Von 2008 bis 2012 leitete er die Nationale Hochschule für öffentliche Verwaltung, eine nach Präsident Lech Kaczynski benannte Kaderschmiede für künftige Staatsbeamte. Im Programmrat der PiS bestimmt er die inhaltliche Ausrichtung der Regierungspartei mit. Als Außenminister übernimmt der heute 61-Jährige zum ersten Mal die Rolle eines aktiven Politikers.
Vor der Wende im Jahr 1989 gehörte Czaputowicz der antikommunistischen Opposition an. Bei der Ausrufung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 wurde er verhaftet und für fast ein Jahr interniert. Czaputowicz hat fünf inzwischen erwachsene Töchter. Seit Kurzem ist er verwitwet. Gabriele Lesser