Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kritik an Imamen in Gefängnissen
Minister will ausschließlich vom Land geschulte muslimische Seelsorger in Gefängnisse lassen
STUTTGART (tja) - Drei von 16 Absolventen eines Kurses für muslimische Gefängnisseelsorger hat das Justizministerium nicht für einen Einsatz zugelassen. Der Grund: Sie hatten Kontakt zu islamistischen Organisationen. Künftig will Minister Guido Wolf (CDU) nur vom Land ausgebildete und bezahlte muslimische Geistliche zulassen. Bislang sind in Gefägnissen auch rund 20 ehrenamtliche Imame tätig. „Wir wissen manchmal nicht, was die tun“, so Alexander Schmid vom Bund der Strafvollzugsbediensteten.
STUTTGART - Baden-Württemberg will muslimische Seelsorger für Gefangene in Zukunft selbst ausbilden. „Der Bedarf ist vorhanden und wir haben ein großes Interesse daran, die Seelsorger, die in den Gefängnissen predigen, möglichst gut zu kennen und einschätzen zu können“, sagte Justizminister Guido Wolf (CDU) am Montag der „Schwäbischen Zeitung“. Einer der Gründe für diese Einschätzung: drei von 16 Teilnehmern eines ersten Kurses für Imame wurden von den Sicherheitsbehörden wieder abgezogen. Sie haben Kontakt zu islamistischen Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
2016 startete der erste Ausbildungskurs für muslimische Gefängnis-Seelsorger. Im Auftrag des Landes organisierte das Mannheimer Institut für Integration und interreligiösen Dialog die Fortbildungen. Referenten aus dem Justizvollzug, dem Justizministerium und vom Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen schulten die Teilnehmenden 16 Wochen.
Drei Bewerber ausgeschlossen
Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) begrüßt es grundsätzlich, dass Bundesländer sich um die Ausbildung von Seelsorgern bemühen. Aber, so KRM-Sprecher Zekeriya Altug: „Der Staat darf und sollte sich nicht in inhaltliche Bereiche der Religionsgemeinschaften einmischen.“Das garantiere auch die Verfassung.
Die meisten der vom Land geschulten Seelsorger engagieren sich in muslimischen Gemeinden, sind dort aber nicht unbedingt Prediger. Die Bewerber haben ein halbes Jahr in einer der 17 Justizvollzugsanstalten im Land hospitiert. Seit 2017 arbeiten sie in den Gefängnissen und betreuen jene 26 Prozent der 7100 Gefangenen, die sich als Moslems bezeichnen. Sie sind bei dem Mannheimer Institut angestellt, das Land finanziert Honorare und Fahrtkosten mit 100 000 Euro pro Jahr.
Allerdings wurden nicht alle der 16 Absolventen vom Verfassungsschutz überprüft – so wie die übrigen muslimischen Seelsorger, die bereits ehrenamtlich in den JVAs Gefangene betreuen. Das holten die Behörden nach dem Amtsantritt von CDUMann Wolf nach.
Kritik an ehrenamtlichen Imamen
Ergebnis: drei der Seelsorger hatten laut Verfassungsschutz und Landeskriminalamt Kontakte zu islamistischen Organisationen, vor allem zur Organisation Milli Görüs. 2500 Anhänger zählte der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg im Jahr 2016. Milli Görüs leistet Bildungs- und Vereinsarbeit für türkische Migranten. „Während die Organisation nach außen hin moderat auftritt, weist sie nach innen Merkmale eines geschlossenen, ganz auf die muslimische Weltgemeinschaft ausgerichteten Systems auf“, warnt der Verfassungsschutz. Die drei Seelsorger dürfen nun nicht in die Gefängnisse. „Natürlich wäre es sinnvoll gewesen, die Bewerber gleich zu Beginn zu überprüfen“, so ein Sprecher des Justizministeriums. Das werde bei möglichen weiteren Kursen geschehen, ebenso wie bei allen anderen muslimischen Seelsorgern in den Haftanstalten. Neben den vom Land ausgebildeten Geistlichen arbeiten noch einmal bis zu 20 Prediger ehrenamtlich in JVAs.
Diese beobachtet Alexander Schmid, Landeschef des Bunds der Strafvollzugsbediensteten, skeptisch. „Ich habe in der JVA Konstanz Imame erlebt, von denen wir nicht wussten, was die da eigentlich tun.“Die Geistlichen hätten zu wenig Deutsch gesprochen, um sich mit den JVA-Bediensteten zu unterhalten. Sie hätten auch nicht auf deutsch gepredigt. Dennoch hält Schmid es für wichtig, dass sich Seelsorger um Gefangene kümmern. „Wenn Häftlinge keine professionellen Betreuer finden, wenden sie sich mit Sorgen an Mitgefangene. Und was die vermitteln, können wir kaum kontrollieren“, so Schmid. Er fordert, nur noch vom Land ausgebildete Imame in die Gefängnisse zu lassen. Diese dürfen nur auf Deutsch predigen.
Justizminister Wolf will rasch nur noch Seelsorgern Zutritt gewähren, die eine Ausbildung des Landes absolviert haben. Im Frühjahr lässt er die Arbeit der 13 Ausgebildeten evaluieren. Sollte sich herausstellen, dass diese den Bedarf in allen Gefängnissen decken, würden die ehrenamtlichen Imame bald aus den Haftanstalten verschwinden.