Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Jugendliche Sicht in einem Roman
„Einsturzgefährdet“von Renate Hartwig entstand mit Ideen und Wünschen von Schülern
LAUPHEIM - Renate Hartwig, Autorin aus Nersingen bei Ulm, hat am Dienstag eine Lesung zu ihrem neuesten Buch „Einsturzgefährdet“für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 8 des Carl-Laemmle-Gymnasiums und der Friedrich-AdlerRealschule gehalten.
Das Besondere daran ist, dass der Inhalt ihres neuesten Werkes auf den Ideen einer 7. Klasse eines Gymnasiums in Pforzheim beruht. Ein Jahr lang besuchte Hartwig jeden Montagnachmittag die 12- bis 13-jährigen Schüler, um mit ihnen an der Idee eines eigenen Buches zu arbeiten. „Herausgekommen ist dabei ein Jugendroman, der von Jugendlichen als Botschaft an die Gesellschaft verstanden werden kann“, fasst die Autorin das Ergebnis dieses Projekts zusammen. Anhand der Ideen und Wünsche der Kinder habe sie erst im Rückschluss erkannt, was die Erwachsenenwelt eigentlich so alles von den Jugendlichen erwarte. Als ehemalige Sozialarbeiterin habe sie bereits sehr viele Probleme von Teenagern miterlebt. Der Kontakt zum Gymnasium in Pforzheim entstand durch eine Lehrerin, die sich ein gemeinsames Projekt aller Schüler einer „besonders schwierigen“Klasse wünschte.
„Vom ersten Moment an erlebte ich totale Offenheit. Ich war oft erstaunt über die gewünschten Themen, die ich unbedingt noch in der entstehenden Geschichte unterbringen sollte“, erzählt Hartwig über die Arbeit mit den Jugendlichen. Die Schülerinnen und Schüler des Pforzheimer Gymnasiums entwickelten ein Geschehen, in dem Courage gegen Ausgrenzung und Rassismus ganz wichtig ist.
Zum Inhalt des Buches: Nach einem ungeklärten Sturz eines Krans auf das Dach einer Hauptschule werden die Schüler im neu gebauten Gymnasium untergebracht. Es kommt zu Spannungen und Ablehnung. Innerhalb kürzester Zeit verwandelt sich die Schule in einen Hexenkessel.
Mehrere Anrufe von Schulleitern seien nach der Veröffentlichung des Romans bei ihr eingegangen, erzählt Hartwig. Diese meinten, ihre Schule in dem Roman erkannt zu haben. Dabei sei alles fiktiv. Allerdings flossen eben ganz genau die Ideen, Wünsche, Probleme und Erlebnisse der Schüler in das Buch ein. Auch der Titel „Einsturzgefährdet“stammt von einem der Siebtklässler, der gegen Ende des Projekts erklärte, ihm sei klar geworden, wie „einsturzgefährdet“unsere Gesellschaft sei.
Dank einiger von der Firma Aebi gestifteten Klassensätzen ist es den Laupheimer Schulen möglich, dieses Buch in Zukunft im Unterricht zu behandeln. Bettina und Leonie, zwei Schülerinnen der 8b der FriedrichAdler-Realschule, fanden jedoch den Vortrag von Renate Hartwig so spannend, dass sie auch privat dieses Buch unbedingt lesen möchten. Die angesprochenen Konflikte seien auch unter den Jugendlichen in Laupheim vorhanden. Auch wenn sich am Dienstagmorgen die Schülerinnen und Schüler nicht so ganz trauten, Renate Hartwig von ihren Problemen zu erzählen.
„Wer wagt, gewinnt“, lautet das Motto der Ulmer Autorin. Das Experiment, einen Jugendroman mit Schülern zu veröffentlichen, ist geglückt.