Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Da sein ist alles!
Aufschlagen müssen wir dieses Reisetagebuch zerknirscht – und Abbitte leisten bei der gern gescholtenen Deutschen Bahn. Drei Züge, null Verspätung; die Spiele 2018 hätten besser nicht beginnen können. Pünktlich also am Münchner Flughafen, so pünktlich, dass wir sogar der Eishockey-Nationalmannschaft a) beim Einchecken voraus waren. Dafür aber b) in Sachen Übergepäck neidvoll hinterher. Wer jemals zweieinhalb Stunden lang versucht hat, einen kernig-altgedienten Hartschalenkoffer zuzubekommen – gegen den Widerstand aller Hartschale, gegen die Renitenz schwiegermuttergestrickter warmer Strümpfe im Dutzend –, der kann sich vorstellen, welche Ge fühle 25 riesig-prallvolle Kufencrack-Ausrüstungstaschen auslösen. In jemandem zudem, der wieder und wieder gegen die Kofferwaage angepackt (nein: ausgepackt) hat. Die Dame am Check-in-Schalter registrierte unsere 23-Kofferkilogramm-Punktlandung kühl lächelnd, versöhnt hat der Blick in die Runde beim Einsteigen: von Sinan Akdag bis Lindsey Vonn, von Franz Steinle bis Franz Klammer! „Leverkusen“heißt der Airbus A 340-600, besetzt ist er wie der FC Bayern, rotationsfrei. Ob er deshalb auf Münchner Boden blieb? Zwei lange Stunden lang, dann hieß es: „Maschine wechseln!“Die neue ist namenlos, irgendwann auch flugwillig – aber: So ein Enteiser-Spray für Airbusse ist noch mal ein anderes Kaliber als unseres fürs Türschloss. Da braucht es Muße, Abflug letztlich: 22.36 Uhr. Flugpläne werden überschätzt. Auf dem ursprünglichen stand 16.10 Uhr. Die Sportler nahmen’s sportlich, nachgerade olympisch: Da sein ist alles! Wir – längst demütig-fatalistisch – schlossen uns an. Fortan reiste es sich tiefenentspannt. Logistisch nämlich ist der Südkoreaner mindestens ein Deutscher Bahner, sein Hochgeschwindigkeits-KTX bietet mehr Beinfreiheit als die ganze „Leverkusen“-Economy-Class zusammen, und der Blick auf unseren Hartschalen-Begleiter samt uns entlockte den Einheimischen so manches „Annyeong“. Friedliche Absichten, sagt man, signalisiere das. Und Sympathie. Ach ja: Bedeuten tut’s „hallo“. In diesem Sinne: Annyeong Korea.
*Annyeong (gesprochen ahn-joh) ist im koreanischen die zwangloseste Form – meist unter Freunden –, um „Hi“oder „Hey“zu sagen. Etwas formeller wäre die Formel „annyeong haseyo“.