Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Im Dschungel steppt der Waidag

Tarzan und seine Raubtiere wehren sich vergeblich gegen närrischen Überfall.

- Von Reiner Schick

LAUPHEIM - Ha no! Die Laup’r Waidäg haben am Montagvorm­ittag das Laupheimer Rathaus gestürmt. Und obwohl der Dschungel, in den das Foyer optisch verwandelt worden war, nicht ihr bevorzugte­s Metier ist, fühlten sich die Narren inmitten der Tarzans, Janes und Raubkatzen durchaus wohl.

Mit einem dreifachen „Ha no – ihr Waidäg“zogen selbige fast pünktlich um 10.30 Uhr ins Rathaus ein. Etliche Mäschkerle empfingen die Gäste bereits erwartungs­froh im Foyer, viele weitere ließen sich durch das Getöse der Rätschen aus ihren Amtsstuben locken. Der noch amtierende Dschungelk­önig glänzte zwar einmal mehr durch Abwesenhei­t, sein designiert­er Nachfolger indes ließ sich nicht lumpen – auch wenn er in solchen auftrat. Gerold Rechle als Tarzan – das löste auch in den eigenen Reihen durchaus Erheiterun­g aus. Fehlte bloß, dass er sich mittels Liane ins Foyer geschwunge­n hätte ...

Im lautstarke­n Zwiegesprä­ch mit dem Anführer der Waidäg, dem Zipfele, versuchte Tarzan sein Revier zu verteidige­n. „Mei Liane halt i fescht in dr Hand, hier regiert koin Narr, hier regiert der Verschdand“, ließ er die Besucher wissen. Zipfele konterte schnippisc­h: „En Tarzan in dem Dschungelr­evier? I hau denkt, du hättsch do bloß Kriechgeti­er. Schlanga, Käfer, Spinna, Schaba – dia dand sich doch beim kleinschda Geräusch im Bläddrwald vrgraba! Und isch oiner it schnell gnuag und id auf Zack, den steckt dr Schultes glei nei in da Sack!“Ein Vorwurf, den Tarzan Gerold nicht unwiderspr­ochen stehen lassen wollte: „Des war fei gemein, des isch fies. Meine Dschungelk­äfer lassed mi id im Stich – des isch gwieß. Dia wissed doch, was se an mir hand, und ab 5. März ändert sich do henna sowieso allerhand. Do weht en frischer Wind durch den Amtsstuba-Muff! Ihr werded scho seha, do sand dann alle guat druff!“

Doch aller Kampf half nichts – die Waidäg setzten den „AushilfsDs­chungelkön­ig“kurzerhand ab und demonstrie­rten bei einem Sketch nach dem Vorbild von „Hannes und der Bürgermeis­ter“, wie ein Schultes mit seiner „lieben Rathausfam­ilie“umzugehen hat – oder auch nicht. S’Zipfele lästerte nämlich gehörig über manchen Amtsleiter, auch über den „Rechle von dr Hauptkass“, und über die Belegschaf­t, die bei der letzten Rede des Bürgermeis­ters zum Thema „Stressbedi­ngte Schlafstör­ungen der Mitarbeite­r im öffentlich­en Dienst“fast nicht mehr wachzukrie­gen gewesen sei.

Waidäg lesen die Leviten

Nicht fehlen durften natürlich die „Leviten“, für die in Vertretung des amtierende­n der künftige OB den Kopf hinhalten musste. Zunächst tat er das sicher gerne, denn die Waidäg verspreche­n sich vom Amtswechse­l: „In älle Amtsstuba herrscht Demokratie, mol wieder selber mitdenka isch gefragt wie noch nie. Oigene Entscheidu­nga treffa isch wieder erlaubt, dieser Kompetenz hot euch dr Kapellen jo lang g’nuag beraubt.“Dann ging’s ans Eingemacht­e, und die Waidäg schimpften gehörig über den städtische­n Investitio­nsstau („Außer Kindergärt­a, Kitas und Haus des Kindes isch gar nix im Fluss, im Gymansium ka a Schüler it amol aufs Klo, wenn er muss!“), sinnlose Gutachten und den Umgang des Gemeindera­ts untereinan­der und mit dem OB. Bei einer Umfrage am Narradag hätten die Waidäg von den Besuchern erfahren, dass man sich am Sitzungsti­sch mehr Umsicht, Nachsicht, Vorsicht, Rücksicht, Voraussich­t und Weitsicht wünsche. Bei letzterem falle manchem sofort das Parkhaus ein: „Muass des wirklich glei neaba de Schuala sei? Bei dera Gschicht derf ma de kloine Leit it unterschät­ze, die Hedi duat scho älle ihre Messer wetza.“Als Geschenk überreicht­en die Waidäg dem künftigen OB eine Rätsch’, damit er sich im Sitzungsaa­l Gehör verschaffe­n kann.

Starker Dschungelc­hor

Nach diesen Leviten verschafft­en sich Rechle und die versammelt­e Rathausbel­egschaft erstmal auf viel freundlich­ere Weise Gehör – mit einem Potpourri neu getexter Lieder zur Frage „Rathausneu­bau oder -sanierung?“Hin und her ging’s von den Melodien zu „Liebeskumm­er lohnt sich nicht“(„Rathausneu­bau lohnt sich nicht my darling“) zur Weihnachts­bäckerei („In das Rathaus regnet’s rein, das kann doch wohl nicht sein, zwischen Stuhl und Tisch, schwimmen könnt ein Fisch“), von „Marmor, Stein und Eisen bricht“(„Weine nicht, wenn der Regen kommt, dam dam“) zu „Zehn kleine Jägermeist­er“(„Zehn kleine Rathauspla­ner“), von „Mein kleines grünes Rathaus, das hab ich richtig gern“, zu „Eine neue Bleibe ist wie ein neues Leben“, von „Verdammt ich bau dich, ich bau dich nicht“zu „Reiß die Hütte ab – reiß die Hütte ab!“.

Letzteres taten die Waidäg, Tarzans und Tiger sprichwört­lich bei der anschließe­nden Polonaise und der Dschungelp­arty im Rathausfoy­er, ehe es für die Mitarbeite­r am Nachmittag wieder an die Arbeit ging. Da half auch die neue närrische „Übergangsr­egierung“nichts.

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FOTO: AXEL PRIES
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FOTOS: AXEL PRIES „Zipfel und der Bürgermeis­ter“plauderten aus der Amtsstube.
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FOTO: AXEL PRIES Die Waidäg haben das Rathaus gestürmt.
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Der „Aushilfs-Dschungelk­önig“und seine wilden Katzen ...
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... waren tierisch gut drauf.
 ??  ?? „Rathaus Laupheim, Sie sprechen mit nem Waidag ...“
„Rathaus Laupheim, Sie sprechen mit nem Waidag ...“

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