Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Im Dschungel steppt der Waidag
Tarzan und seine Raubtiere wehren sich vergeblich gegen närrischen Überfall.
LAUPHEIM - Ha no! Die Laup’r Waidäg haben am Montagvormittag das Laupheimer Rathaus gestürmt. Und obwohl der Dschungel, in den das Foyer optisch verwandelt worden war, nicht ihr bevorzugtes Metier ist, fühlten sich die Narren inmitten der Tarzans, Janes und Raubkatzen durchaus wohl.
Mit einem dreifachen „Ha no – ihr Waidäg“zogen selbige fast pünktlich um 10.30 Uhr ins Rathaus ein. Etliche Mäschkerle empfingen die Gäste bereits erwartungsfroh im Foyer, viele weitere ließen sich durch das Getöse der Rätschen aus ihren Amtsstuben locken. Der noch amtierende Dschungelkönig glänzte zwar einmal mehr durch Abwesenheit, sein designierter Nachfolger indes ließ sich nicht lumpen – auch wenn er in solchen auftrat. Gerold Rechle als Tarzan – das löste auch in den eigenen Reihen durchaus Erheiterung aus. Fehlte bloß, dass er sich mittels Liane ins Foyer geschwungen hätte ...
Im lautstarken Zwiegespräch mit dem Anführer der Waidäg, dem Zipfele, versuchte Tarzan sein Revier zu verteidigen. „Mei Liane halt i fescht in dr Hand, hier regiert koin Narr, hier regiert der Verschdand“, ließ er die Besucher wissen. Zipfele konterte schnippisch: „En Tarzan in dem Dschungelrevier? I hau denkt, du hättsch do bloß Kriechgetier. Schlanga, Käfer, Spinna, Schaba – dia dand sich doch beim kleinschda Geräusch im Bläddrwald vrgraba! Und isch oiner it schnell gnuag und id auf Zack, den steckt dr Schultes glei nei in da Sack!“Ein Vorwurf, den Tarzan Gerold nicht unwidersprochen stehen lassen wollte: „Des war fei gemein, des isch fies. Meine Dschungelkäfer lassed mi id im Stich – des isch gwieß. Dia wissed doch, was se an mir hand, und ab 5. März ändert sich do henna sowieso allerhand. Do weht en frischer Wind durch den Amtsstuba-Muff! Ihr werded scho seha, do sand dann alle guat druff!“
Doch aller Kampf half nichts – die Waidäg setzten den „AushilfsDschungelkönig“kurzerhand ab und demonstrierten bei einem Sketch nach dem Vorbild von „Hannes und der Bürgermeister“, wie ein Schultes mit seiner „lieben Rathausfamilie“umzugehen hat – oder auch nicht. S’Zipfele lästerte nämlich gehörig über manchen Amtsleiter, auch über den „Rechle von dr Hauptkass“, und über die Belegschaft, die bei der letzten Rede des Bürgermeisters zum Thema „Stressbedingte Schlafstörungen der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst“fast nicht mehr wachzukriegen gewesen sei.
Waidäg lesen die Leviten
Nicht fehlen durften natürlich die „Leviten“, für die in Vertretung des amtierenden der künftige OB den Kopf hinhalten musste. Zunächst tat er das sicher gerne, denn die Waidäg versprechen sich vom Amtswechsel: „In älle Amtsstuba herrscht Demokratie, mol wieder selber mitdenka isch gefragt wie noch nie. Oigene Entscheidunga treffa isch wieder erlaubt, dieser Kompetenz hot euch dr Kapellen jo lang g’nuag beraubt.“Dann ging’s ans Eingemachte, und die Waidäg schimpften gehörig über den städtischen Investitionsstau („Außer Kindergärta, Kitas und Haus des Kindes isch gar nix im Fluss, im Gymansium ka a Schüler it amol aufs Klo, wenn er muss!“), sinnlose Gutachten und den Umgang des Gemeinderats untereinander und mit dem OB. Bei einer Umfrage am Narradag hätten die Waidäg von den Besuchern erfahren, dass man sich am Sitzungstisch mehr Umsicht, Nachsicht, Vorsicht, Rücksicht, Voraussicht und Weitsicht wünsche. Bei letzterem falle manchem sofort das Parkhaus ein: „Muass des wirklich glei neaba de Schuala sei? Bei dera Gschicht derf ma de kloine Leit it unterschätze, die Hedi duat scho älle ihre Messer wetza.“Als Geschenk überreichten die Waidäg dem künftigen OB eine Rätsch’, damit er sich im Sitzungsaal Gehör verschaffen kann.
Starker Dschungelchor
Nach diesen Leviten verschafften sich Rechle und die versammelte Rathausbelegschaft erstmal auf viel freundlichere Weise Gehör – mit einem Potpourri neu getexter Lieder zur Frage „Rathausneubau oder -sanierung?“Hin und her ging’s von den Melodien zu „Liebeskummer lohnt sich nicht“(„Rathausneubau lohnt sich nicht my darling“) zur Weihnachtsbäckerei („In das Rathaus regnet’s rein, das kann doch wohl nicht sein, zwischen Stuhl und Tisch, schwimmen könnt ein Fisch“), von „Marmor, Stein und Eisen bricht“(„Weine nicht, wenn der Regen kommt, dam dam“) zu „Zehn kleine Jägermeister“(„Zehn kleine Rathausplaner“), von „Mein kleines grünes Rathaus, das hab ich richtig gern“, zu „Eine neue Bleibe ist wie ein neues Leben“, von „Verdammt ich bau dich, ich bau dich nicht“zu „Reiß die Hütte ab – reiß die Hütte ab!“.
Letzteres taten die Waidäg, Tarzans und Tiger sprichwörtlich bei der anschließenden Polonaise und der Dschungelparty im Rathausfoyer, ehe es für die Mitarbeiter am Nachmittag wieder an die Arbeit ging. Da half auch die neue närrische „Übergangsregierung“nichts.