Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Männerpflicht Nachtbus-Solo
Aman’s gotta do what a man’s gotta do. Manche Dinge kann nicht nichttun, wer als Chronist unter Chronisten bei Olympischen Spielen weilt. Auch in diesem Job begegnet einem zwanghaftes Handeln. Es soll Kollegen geben, die papstgleich Boden respektive Schneedecke küssen, wenn sie austragungsorttechnisch Chronistenlaufbahnneuland betreten. Der Schreiber dieser Zeilen – sorry – küsst lieber seine Frau. Bei derzeit 8743 Kilometern Entfernung führt diese Präferenz zwar zu drei Wochen radikaler Selbstkasteiung, andererseits jedoch zu stündlich wachsender Vorfreude auf den Heimflug – und null Gewissensbissen von wegen „Ich trage gar kein’ Mundschutz“.
Manch anderes Mitglied des an und für sich hochseriösen Berufsstands der Schreibenden mutiert allmorgendlich zwischen 5 und 10 Uhr zum tiefergelegt Hortenden. Gewiss, Frühstücksbüffets sind brauchbare Basis für bestsellerträchtige Biathlon-Betrachtungen. Ob’s da aber wirklich drei Nachschlagfamilienportionen Rührei als Musenkuss braucht? Und: Können Selbstversuche, Fischsuppe mittels Stäbchen ihrer Bestimmung zuzuführen, nach dem dritten Verbrühen nicht einfach für gescheitert erklärt werden? Wir wissen es nicht. Wollen’s nicht wissen: Unsere neun Mini-Nusshörnchen reichen uns. Noch zwei in den Laptop-Rucksack, und wir kommen durch den Tag.
Durch die Nacht ist schwieriger. Da braucht es echte Kerle. Einer ist – zufällig! – dem Chronist gut bekannt, sein Faible: ein leerer Bus, einmal dem Gefühl erliegen, das olympische Transportnetzwerk sei nur für ihn allein geknüpft! Seit Salt Lake City hat er das stets geschafft, in Pyeongchang reichten jetzt gar nur vier Tage. Samt clever austarierter Strategie. Deren Eckpunkte: Schreibblockade (drei Busse verpasst), zehn Zeilen vor der Pointe seines Textes eingenickt (noch ’n Bus), Haltestelle nicht gleich gefunden (noch einer). Schon war es 4.45 Uhr, war dem Zwange im Manne genüge getan. Und wie: Das Gefährt, das er mit dem Fahrer für sich hatte, war den Gang entlang mit bunten Lichtlein bestückt, im Bord-TV trackte ein Südkoreaner pfeilschnell short, ehe eine Landsfrau akrobatisch halfpipte. Die Lautstärke war, nun ja, eher bustialisch. 37 Minuten ging das so. Dann war das Chronisten-Dorf erreicht, die Lightshow machte Pause. Der Fahrer sagte lächelnd „Annyeong“, unser Bekannter auch. A man’s gotta do what a man’s gotta do.