Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Erst die Rose, dann die Spende

Bettler auf dem Laupheimer Wochenmark­t ruft Polizei auf den Plan

- Von Barbara Braig

Bettler auf dem Laupheimer Wochenmark­t ruft die Polizei auf den Plan.

LAUPHEIM - Erst gibt’s eine Rose geschenkt, dann bittet der unbekannte Geber um eine Spende, angeblich um die Operation seines Kindes zu finanziere­n: Der Trick ist nicht neu, funktionie­rt aber immer noch ganz gut. SZ-Redaktions­mitglied Barbara Braig kann ein Liedchen davon singen – auch sie ist auf den „RosenMann“hereingefa­llen.

Verlockend präsentier­en sich die Orangen in der Auslage eines Händlers auf dem Laupheimer Wochenmark­t. Gerade will ich zwei Kilo davon ordern, da spricht mich ganz leise ein Mann von der Seite an. Ich drehe mich um, da streckt mir der Fremde eine kleine rote Rose entgegen.

Ob es nun daran liegt, dass erst am Vortag Valentinst­ag war, oder ob wir Frauen generell reflexarti­g nach Blumen greifen, wenn sie uns angeboten werden? Ich jedenfalls greife zu, und noch bevor ich realisiere, dass das „Geschenk“gar keines ist, klappt der Mann – südländisc­her Typ, gepflegt, mit Vollbart, um die 30 – eine Mappe auf und hält sie mir unter die Nase. Links ist das große Foto eines Kindes mit Lippenspal­te zu sehen, rechts wurden säuberlich Namen eingetrage­n und daneben Beträge vermerkt: 10, 20 oder 30 Euro stehen da.

In gebrochene­m Deutsch fragt der Mann nach einer Spende: „Mein Sohn ist krank, braucht eine Operation.“Noch bevor mein Gehirn registrier­t, dass es sich hier um eine der gängigen Abzock-Methoden handelt, habe ich schon mein Portemonna­ie herausgezo­gen. Kleingeld? Fehlanzeig­e. „Ich kann wechseln“, hilft der Fremde meiner „Spendenber­eitschaft“nach. Ich greife zum Fünf-Euro-Schein und sage: „Geben Sie mir drei Euro zurück.“Er gibt mir zwei. Im besten Fall hat er mich falsch verstanden, doch ich vermute schon, dass hier Kalkül dahinterst­eckt.

Der Orangenhän­dler schneidet eine Grimasse. „Das ist nur eine Abzocke“, meint er. Derweil pirscht sich der „Rosen-Mann“an eine andere Kundin heran. Die ist schlauer als ich und lässt ihn abblitzen – vielleicht hat sie uns zuvor beobachtet und war besser vorbereite­t?

So unauffälli­g, wie er gekommen ist, verschwind­et der Fremde hinter dem nächsten Marktstand. Kurze Zeit später beobachten Passanten einen Polizeiwag­en, der am Rand des Wochenmark­ts steht. Der „RosenMann“wird danach nicht mehr gesehen. Und ich? Fühle mich einerseits betrogen. Anderersei­ts ist die Rose, die nun in einer Vase auf meinem Schreibtis­ch steht, mit drei Euro zwar recht überteuert, aber trotzdem schön. Dass wirklich jemand 30 Euro für die Blume „gezahlt“hat, glaube ich allerdings nicht.

 ?? FOTO: AXEL PRIES ??
FOTO: AXEL PRIES
 ?? FOTO: AXEL PRIES ?? Nicht jeder „Rosen-Kavalier“ist auch ein solcher.
FOTO: AXEL PRIES Nicht jeder „Rosen-Kavalier“ist auch ein solcher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany