Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Lesen und Schreiben lernen
Kooperationspartner rücken Alphabetisierung in den Fokus – Angebote in Biberach
KREIS BIBERACH - 7,5 Millionen Menschen in Deutschland können nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben. Das ist mehr als jeder siebte der erwerbstätigen Bevölkerung. Dagegen will die Bildungsregion des Landkreises Biberach etwas unternehmen. Gemeinsam mit der Volkshochschule Biberach und dem Mehrgenerationenhaus Stadtteilhaus Gaisental haben die Verantwortlichen ein Programm erarbeitet, das sich mit dem Thema „Alphabetisierung und Grundbildung für Erwachsene“befasst.
„Die Zahlen sind wirklich erschreckend“, sagt Effi Holland, stellvertretende Leiterin der Volkshochschule Biberach. „1,8 Millionen Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können, sind zwischen und 18 und 35 Jahre alt.“Dazu komme, dass diese funktionalen Analphabeten oftmals auch nicht rechnen könnten und die politische Bildung fehle.
„Es ist sehr wichtig, diese Menschen aufzufangen und ihnen Hilfe anzubieten“, sagt Jörg Riedlbauer, Kulturdezernent der Stadt Biberach. „Es geht darum, ihnen wertvolle Zukunftschancen zu eröffnen.“Es könne nicht sein, dass Millionen von Menschen Texte nur ansatzweise erfassen könnten: „Statt Teilhabe setzt Ausgrenzung ein, es entsteht Ausweglosigkeit und Hoffnungslosigkeit.“Ziel ist es, für Bildungsgerechtigkeit zu sorgen und Angebote zu schaffen, um die Defizite der Betroffenen auszugleichen.
Bevölkerung sensibilisieren
Das will die Bildungsregion des Landkreises jetzt verstärkt angehen: „Wir haben mit den beiden Kooperationspartnern ein gutes Netzwerk gegründet, auf dem wir aufbauen wollen“, sagt Gisela Baumann, Leiterin des Amts für Bildung und Schulentwicklung im Landkreis Biberach. „Wenn man die Zahlen auf den Landkreis herunterbrechen würde, dann könnten möglicherweise 12 000 Menschen im Kreis nicht richtig lesen und schreiben. Und selbst wenn es nur 8000 oder 5000 sind, ist das schon zu viel.“Man müsse verstärkt die Öffentlichkeit über dieses Thema informieren. „Es liegt in unserer Verantwortung, die Menschen dafür zu sensibilisieren“, sagt Gisela Baumann.
„Die Betroffenen zu erreichen, ist sehr schwer“, sagt Angelika Rosewich vom Stadtteilhaus Gaisental. „Das Thema ist mit Scham besetzt, die Betroffenen versuchen, ihr Defizit zu vertuschen – und das schaffen sie auch in den meisten Fällen.“Deshalb sei es wichtig, das Umfeld dieser Menschen zu erreichen. „Wir brauchen Menschen, die die Betroffen konfrontieren, ihnen sagen, dass sie sich Hilfe holen können.“
Diese Unterstützung aus der Bevölkerung ist zwingend notwendig, das weiß auch Katharina Jehle vom Bildungsbüro: „Von den Betroffenen sind mehr als 50 Prozent berufstätig, viele haben sich durch die Schule gemogelt und es bis ins Erwachsenenalter nicht geschafft, richtig lesen und schreiben zu lernen.“Jetzt hofft sie, dass das Netzwerk erfolgreich ist und das Thema ein bisschen aus der Tabuzone geholt werden kann.