Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Weniger Straftaten im Südwesten
Innenminister Strobl präsentiert Zahlen für 2017 – und verliert seinen wichtigsten Mitarbeiter
STUTTGART - Baden-Württemberg ist sicherer geworden. Die Zahl der Straftaten ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 4,8 Prozent auf rund 580 000 Vorfälle gesunken. Zugleich konnte die Polizei mehr Straftaten aufklären. Die Quote stieg um gut zwei Prozent auf 62,4 Prozent. „Wir können erneut einen doppelten Erfolg verbuchen“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik für das vergangene Jahr am Freitag in Stuttgart.
Zwar ist auch die Zahl der Straftaten, die Asylbewerber und Flüchtlinge 2017 begangen haben, im Vorjahresvergleich deutlich gesunken: ohne ausländerrechtliche Verstöße um 8,6 Prozent auf rund 23 200 Fälle. „Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass sich die Straftaten verstärkt in den öffentlichen Raum verlagert haben“, sagte Strobl. Er nannte dabei vor allem Rauschgiftdelikte und Körperverletzungen.
Zwar führe die Polizei keine Statistik über die Opfer dieser Taten, sagte Landespolizeipräsident Gerhard Klotter. Er gehe aber davon aus, dass „die Mehrzahl der Opfer aus demselben Personenkreis kommt“.
Es waren vorwiegend gute Nachrichten, die Strobl verkünden konnte – eine Ausnahme in dieser Woche. Eine Kommunikationspanne zum Sicherheitskonzept für Sigmaringen, das von ebenjenen Straftaten im öffentlichen Raum betroffen ist, hatte den Innenminister seit Wochenbeginn unter Druck gesetzt. Aufgrund einer Pressemitteilung aus seinem Haus mussten geplante Maßnahmen des Konzepts verschoben werden, wie die „Schwäbische Zeitung“aus Polizeikreisen erfahren hatte.
Eine weitere Nachricht sorgte am Freitag für Wirbel: Strobl verliert seinen Staatssekretär. Martin Jäger gilt als starker Mann im Stuttgarter Innenministerium, bei dem alle Fäden rund um die Sicherheitspolitik im Land zusammenlaufen. Nun wechselt er wohl als beamteter Staatssekretär ins Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit nach Berlin. „Mich hat es gereizt, wieder in einem international aufgestellten Ministerium zu arbeiten“, sagte Jäger am Freitag zu FAZ.net. Strobl erklärte hierzu: „Es ist klar, wenn er persönlich entscheidet, nach Berlin zurückzukehren, muss er es jetzt machen – wenn die Bundesregierung sich neu bildet.“
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Sascha Binder, sprach indes von einer Flucht Jägers. „Damit geht der Kopf, die Hülle bleibt“, sagte Binder, der wertschätzend über Jäger sprach. „Klar ist, er wollte Strobl nicht mehr dienen.“Binder leitete aus Jägers Weggang einen Appell an Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) ab. „Der Ministerpräsident muss nun überlegen, ob sein Innenminister ohne den Staatssekretär in der Lage ist, für die Sicherheit im Land zu sorgen“, sagte der SPD-Politiker.
Baden-Württemberg wird immer sicherer. Das belegt die Kriminalstatistik, die Innenminister Thomas Strobl für das vergangene
Jahr vorgestellt hat. Erfreulich, dass die Zahl der Straftaten ab- und die Menge der aufgeklärten Fälle zugenommen hat. Kein Wunder also, dass der Südwesten wohl weiter Spitzenreiter unter den Bundesländern bleibt. Zumindest im Vergleich mit den anderen sechs Ländern, die ihre Zahlen schon vorgestellt haben – darunter der Nachbar Hessen –, ist Baden-Württemberg spitze.
Das grenzt vor allem deshalb schon fast an ein Wunder, weil die Polizei hier im Vergleich zu den anderen Ländern am dünnsten besetzt ist. Die angekündigte große Einstellungsoffensive wird daran kaum etwas ändern, denn zunächst müssen altersbedingte Abgänge kompensiert werden.
Wenn nun die geplante Reform der Polizeireform umgesetzt wird, wird Polizeikraft dafür gebunden. Das bedeutet automatisch weniger Polizisten auf der Straße. Doch die sind dringend nötig – nicht nur, aber auch speziell dafür, kriminelle Asylsuchende im Blick zu haben. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es fundamental, dass Strobl seiner Polizei die nötige Stärke gibt, um präsent zu sein. Eine Lücke darf nicht entstehen.