Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Merkel und Macron planen einen Neustart
Das Warten in Paris ist vorüber: Deutschland hat eine neue Regierung. Der erhoffte Neustart für Europa, über den Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nun erstmals mit der wiedergewählten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprechen konnte, wird am Ende aber deutlich weniger ambitioniert ausfallen, als es der schwarz-rote Koalitionsvertrag auf den ersten Blick erahnen lässt. Höhere Beiträge aus Berlin und ein Investitionshaushalt für die Eurozone werden darin versprochen. Das hat in Paris, Rom und Athen Begehrlichkeiten geweckt. Doch wenn die anderen Nettozahler nicht mitziehen, dürfte SPD-Finanzminister Olaf Scholz kaum für Brüssel den Staatssäckel öffnen.
Bei dem Treffen am Freitag in Paris versprachen Merkel und Macron zwar wieder zum gemeinsamen Motor der EU werden zu wollen, doch ein wirklicher Aufbruch ist nicht in Sicht. Denn der müsste unweigerlich auf mehr Europa hinauslaufen, wozu die meisten Regierungen nicht bereit sind. Ein abgestimmtes Vorgehen sei „notwendiger denn je, denn Europa muss geschlossen agieren in einer geopolitischen Situation, in der der Multilateralismus unter Druck steht“, sagte Merkel. Auch Macron betonte sein Interesse an gemeinsamen Vorschlägen für eine Neuaufstellung der EU. „Wir werden bis Juni einen klaren, ehrgeizigen Fahrplan für diese Neugründung vorlegen, und wir werden dafür die erforderliche Energie aufbringen“, kündigte er an. Merkel deutete aber auch an, dass sie nicht jeden Vorschlag Macrons gutheiße: „Wir sind nicht von Haus aus immer einer Meinung.“Sie habe den festen Willen, dass man Einigkeit erreiche – „und ich glaube, wir können es erreichen“.
Macron wartet wegen der fast ein halbes Jahr dauernden Regierungsbildung in Deutschland seit Langem darauf, dass der wichtigste EU-Partner auf seine Vorschläge reagiert. Er hatte ehrgeizige Vorschläge zur Reform der EU und der Eurozone vorgelegt. Bereits im Dezember hatten Deutschland und Frankreich einen gemeinsamen Vorschlag angekündigt. Zwischen beiden Ländern gibt es offene Streitpunkte, darunter die Schaffung eines Eurofinanzministers und eines Eurozonenhaushalts.
Bezug auf Trumps Schutzzölle
Merkel betonte auch, wie wichtig es sei, dass sich die Europäer nicht „auseinanderdividieren lassen in unseren geopolitischen Beziehungen“. Dies sei etwa beim Handel zentral, sagte sie und nahm damit indirekt Bezug auf US-Präsident Donald Trump und dessen angekündigte Schutzzölle auf Stahl und Aluminium.
Aber auch im Umgang mit China und Russland müsste Europa Einigkeit demonstrieren, wenn es sich weiterhin behaupten will. Die notwendigen Schritte zu mehr Geschlossenheit sind klar: Die Streitereien über die Flüchtlingskrise müssten überwunden und die Spannungen innerhalb der Währungsunion abgebaut werden. Diese Fragen will die Kanzlerin bei einem gesonderten deutsch-französischen Gipfel beraten, um den EUGipfel im Juni vorzubereiten. Dabei soll es neben der Asylpolitik unter anderem auch um die gemeinsame deutsch-französische Verteidigungspolitik gehen. „Wir erleben, dass, wenn es unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten gibt, das niemals zu unserem gemeinsamen Nutzen ist“, sagte Merkel.