Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Jagdverzicht mit neuer Strategie
Saatkrähen-Umsiedlung: Rabenkrähen im Rißtal bleiben vorerst unbehelligt.
LAUPHEIM - Die Jäger in der Raumschaft Laupheim wollen auch 2018 mithelfen, Saatkrähen aus dem Stadtgebiet ins Rißtal umzusiedeln. Ihr Vorgehen haben sie an die im vergangenen Jahr gewonnenen Erkenntnisse angepasst.
2017 hatten sich die Jäger im Rißtal freiwillig verpflichtet, ganzjährig keine Rabenkrähen zu schießen, um die Umsiedlung der Saatkrähen zu erleichtern. Rabenkrähen dürfen im Unterschied zu den streng geschützten Saatkrähen in der Zeit vom 1. August bis 20. Februar gejagt werden. Letztere bekommen das freilich mit, wenn sie tagsüber in den Außenbereichen Nahrung suchen, fühlen sich bedroht und drängen in die Stadt, wo in aller Regel nicht geschossen wird.
Der Jagdverzicht habe auch Kehrseiten, sagt der stellvertretende Kreisjägermeister Dieter Mielke, weil Rabenkrähen, anders als Saatkrähen, Allesfresser sind. Sie plündern die Nester von Bodenbrütern wie Rebhuhn und Kiebitz und schlagen junge Feldhasen, bedrohte Tierarten, deren Schutz sich die von den Jägern gegründete Hegegemeinschaft auf die Fahne geschrieben hat – ein Zielkonflikt.
Allerdings: Auch die Jäger sind positiv überrascht von den bisherigen Ergebnissen des Saatkrähenprojekts. „Als Erfolg der Vergrämungsmaßnahmen im Jahr 2017 konnten an vier neuen Koloniestandorten im Außenbereich insgesamt rund 350 neue Nester gezählt werden“, berichtet Mielke. Das bedeute, ausgehend vom Nestbestand 2016, eine Entlastung der Laupheimer Innenstadt von mehr als 30 Prozent.
Enorm wirksam sei der Druck auf die Saatkrähen durch Greifvögel gewesen, sagt Mielke. Mit ihrer Hilfe hatten der Falkner Leo Mandlsperger und sein Team von Ende Februar bis Anfang April 2017 die innerstädtischen Kolonien in ständige Unruhe versetzt und erreicht, dass ein Teil der Schwarzgefiederten das Brutgeschäft hinaus ins Rißtal verlegte. Aktuell ist Mandlsperger erneut in Laupheim und setzt die Vergrämung fort. Flankierend wurden wiederum Nester im Stadtgebiet entfernt und im Außenbereich Futteranreize geschaffen.
Eine mitentscheidende Rolle fällt auch künftig den Jägern zu. Die Revierpächter in der Raumschaft Laupheim haben sich in einer Vereinbarung mit der Stadt zu weiterer freiwilliger Mitarbeit bei der Umsiedlungsaktion verpflichtet, indes die Strategie geändert. Statt eines ganzjährigen, auf Rabenkrähen beschränkten Jagdverzichts im gesamten Rißtal gilt nun, zunächst für 2018: Die Jäger verzichten in den betroffenen Revieren Achstetten, Baustetten, Bronnen, Burgrieden, Laupheim und Oberholzheim in 300 Meter Umkreis um die 2017 neu entstandenen Koloniestandorte auf jeglichen Schusswaffengebrauch während der Nistund Aufzuchtphase der Saatkrähen, insbesondere vom 15. Februar bis 31. Mai. „Das heißt, wir legen in diesem Zeitraum dort auch nicht auf Wildschweine oder Rehwild an“, verdeutlicht Dieter Mielke. Auf diese Weise werde die Saatkrähenumsiedlung noch besser unterstützt als mit der alten Regelung. Die neue wird heuer zusätzlich bei maximal zehn Kolonien angewendet, falls welche dazukommen; sie müssen mindestens fünf Nester zählen.
Über die Radien, innerhalb derer befristet absolute Jagdruhe herrschen soll, waren Stadt und Jägerschaft zunächst uneins. Der Verwaltung schwebten offenbar größere Abstände zu den Saatkrähenkolonien und zusätzliche Tabu-Zonen vor. „Es wäre ein zu großer Eingriff in das Jagdrecht der Pächter gewesen“, sagt Dieter Mielke. Die jetzt getroffene Vereinbarung sei ein tragfähiger Kompromiss. „Wir wollen den Erfolg der Saatkrähenumsiedlung nicht gefährden“, betont Mielke. Um die Zahl der in Laupheim siedelnden Krähen auf ein erträgliches Maß zu senken, bedürfe es eines abgestimmten und vertrauensvollen Miteinanders aller beteiligten Partner.
Drohne hilft Nester zählen
Unterstützen wollen die Jäger die Stadt auch beim Monitoring der Saatkrähennester. Sie haben, vom Landratsamt bezuschusst, eine Drohne gekauft und wollen damit in den 2017 neu besiedelten Bereichen aktuelle Zahlen ermitteln, wie viele Nester belegt sind. Das Fluggerät darf nur außerhalb der Nestbau-, Brut- und Aufzuchtphase eingesetzt werden. Die mit einer Wärmebildkamera bestückte Drohne soll außerdem Hinweise liefern, wie sich ein teilweiser Jagdverzicht auf die Bestandsentwicklung des Niederwilds auswirkt, Schwarzwild in Maisäckern aufspüren und helfen, Rehkitze vor der Mähmaschine zu retten.