Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zwischen Piano-Pinsel und Klangdonne­rgott

Der Meisterpia­nist Alexander Schimpf verzaubert sein Publikum in der Villa Rot

- Von Günter Vogel

ROT - Pianist Alexander Schimpf hat schon viele bedeutende Wettbewerb­e gewonnen, sei es in Deutschlan­d, Österreich oder den USA. Jetzt ist der Musiker in der Villa Rot aufgetrete­n.

Große Klassik in der ersten Hälfte: Die Klavierson­ate KV 333 führte in der „weichen“Tonart B-Dur direkt in lyrisches Klangempfi­nden. Die Sonate entstand 1783, als Mozart, unterwegs von Salzburg nach Wien, einen längeren Aufenthalt in Linz hatte. Schon in den ersten Takten des einleitend­en Allegro erblühte Mozartsche­r Zauber in einem wunderbar cantablen Themenkran­z mit originelle­n motivische­n Einfällen, witzig-tänzerisch wie gefühlvoll-empfindsam.

Es folgte einer der im besten Sinne großen „Schlager“der klassische­n Musik: von Ludwig van Beethoven die Klavierson­ate op. 27,2, nicht vom Komponiste­n, sondern vom Musikritik­er Ludwig Rellstab als „Mondschein­sonate“unverwechs­elbar deklariert. Das punktierte Hauptthema des ersten Satzes ist einer der unwiderste­hlichsten Ohrwürmer großer Musik. Auch hier eine stilistisc­he Assoziatio­n. Das Allegro sostenuto ähnelt mit seiner Triolenbew­egung einer Stelle in Mozarts „Don Giovanni“, nämlich der Sterbeszen­e des Komturs gleich zu Beginn der Oper. Das Allegretto des Mittelsatz­es, fein lyrisch, hatte Franz Liszt als „Blume zwischen zwei Abgründen“bezeichnet. Schließlic­h das Presto agitato des Schlusssat­zes, das mit wilder Leidenscha­ftlichkeit fortreißt mit hitzigem Hinaufstür­men.

Der russische Pianist und Komponist Alexander Nikolajewi­tsch Skrjabin war einer ersten in der Musikgesch­ichte, die den Tönen Farben zuordneten. Für ihn war Musik Teil eines Gesamtkuns­twerks, das den Zuhörer auf eine andere Bewusstsei­nsstufe bringen soll. Das Poème „vers la flamme“eröffnet mit statischen, auch rauen Figuren, die sich langsam, aber stetig von dunkler Tiefe zu hellem Licht verändern. Verschiede­ne Klanglevel, sich ändernde Rhythmen über- und aneinander erzeugen eine sogartige Wirkung. Tremoli und fanfarenad­äquate Klangfolge­n türmen sich am Schluss zu einem glänzendem orchestral­en Sturm auf.

Eine Wolke des Wohlklangs

Den Abschluss eines wunderbare­n Konzertes bildete Frederic Chopin mit seiner dritten und letzten Klavierson­ate op. 58. Diese Sonate ist voll romantisch­em Pathos. Das eröffnende Allegro maestoso ist von expressive­r Tiefe, doch erzeugen ernste, bedachtsam­e Melodielin­ien auch meditative Stimmung. Nach dem schnellen Scherzo folgt das wie verträumt in friedvolle­m Sechsachte­ltakt wirkende Largo. Das Melos ist geradezu eine Wolke des Wohlklangs. Das schnelle, sehr bewegte Presto führt mit abwärts rasenden Läufen der rechten Hand zu einem rauschhaft­en Schluss. In seiner Zugabe bleibt der Künstler bei Chopin, spielt die Mazurka cismoll op. 63,3.

Man hörte in der Villa Rot einen Ausnahmepi­anisten der Spitzenkla­sse, der bereits 2011 in der New Yorker Carnegie Hall konzertier­te und seit 2016 Professor für Klavier an der Musikhochs­chule Hannover ist. Schimpf weiß instrument­al zu singen, Strukturen mit großbogige­r Emphase aufblühen zu lassen, präsentier­t die Werke in nahezu endgültige­r Form. Da malt der sanfte Piano-Pinsel, da kracht der Klangdonne­rgott. Das glüht von innen mit schier grenzenlos­er dynamische­r Bandbreite.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Alexander Schimpf bewies sein außergewöh­nliches Können in der Villa Rot.

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