Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schwäbisch in einer ungeheuren Bandbreite
340 Gäschd schwätzet, singed und heräd in Bad Waldsee mit Begeischderung Schwäbisch
BAD WALDSEE - Der Mundartabend „Mir schwätzet schwäbisch“hat am 340 Besucher in das seit Tagen restlos ausverkaufte Haus am Bad Waldseer Stadtsee gelockt. Der Landkreis Ravensburg, die Stadt Bad Waldsee, der Förderverein Schwäbischer Dialekt und die „Schwäbische Zeitung“Bad Waldsee als Organisationskollektiv bewiesen mit einem bunten Potpourri lokaler Musik- und Wortkünstler ein äußerst glückliches Händchen. Alle, egal ob Dunkle Woiza äang, Florian Angele, Wolfgang Heyer, Paul Sägmüller, die Gruppe Saitencocktail oder der Moderator Bernhard Bitterwolf zeigten, wie schön und vor allem vielfältig Schwäbisch sein kann.
„Es schneielet, es beielet, es goht an kalder Wind“, singt die Dunkle Woiza Gäng, während munteres Schneetreiben über dem Stadtsee herrschte, derweil im warmen Haus am Stadtsee zwei Damen und zehn Herren auf der Bühne die Besucher zur aktiven Mundartpflege einluden. Mitsingen und Mitlachen war angesagt. Wer jedoch des Schwäbischen nicht mächtig war und den Abend zur persönlichen Fortbildung nutzen wollte, kam auch auf seine Kosten. PoetrySlammer Wolfgang Heyer beantwortete mit seinem Grundkurs „Schwäbisch für Einsteiger“so ziemlich alle Fragen, die es zum Charakter und zur Sprache dieses sympathischen Völkchens gibt. Heyer spielte geradezu mit den Worten, reihte sie geistreich aneinander und entwickelte aus der ausgeprägten Betonung eine Satzmelodie, die selbst ohne Wortverständnis hörenswert war und die Begeisterung auf das Publikum überspringen ließ.
Es fallen Kraftausdrücke
Auch der schwäbische Comedian Florian Angele hatte für die Nichtmuttersprachler ein paar differenzierte Einblicke in die Feinheiten dieses Dialekts vorbereitet. Das Nachschlagewerk „Etymologie des Schwäbischen“weiß zu differenzieren zwischen der Mensch, die Menschen und das Mensch – und Angele weiß diese Unterschiede humorig zu kommentieren. Ansonsten aber hat es der bodenständige Bierbrauer nicht so mit der geschwollenen Theorie und den Anglizismen, sodass er nicht ganz zu Unrecht der Frage nachgeht, was man sich eigentlich unter einem „schwäbischen Comedian“vorstellen soll. Dass Comedians Künstler sind, die immer von daheim erzählen, mag zwar in seinem Familienkreis nicht gerade auf Begeisterung stoßen, doch genau das macht Angele in seiner direkten Art. Und zur Verdeutlichung fällt auch mal der eine oder andere schwäbische Kraftausdruck, aber so weiß wenigstens jeder, was gemeint ist.
Dass beim Mundartabend nicht nur geredet wurde, dafür sorgten die Musiker und Moderator Bernhard Bitterwolf, denn als es galt gesanglich einzustimmen, ließ sich das Publikum nicht lange bitten. Mit „Sag zum Hüftspeck leise Servus“sang Birgit Fuchs von Saitencocktail allen aus der Seele, und entsprechend stark war der Publikumschor. Ihre Lieder kommen aus dem Herzen, erklärt Fuchs, und das geht halt in Schwäbisch besonders gut. „Was wirklich zählt, ischd oft klitzeklei“, singt sie im Duett mit Gisela Hecht. Auch die Geschichten von Paul Sägmüller sind eher die kleinen Geschichten aus dem Leben. Aber es sind Geschichten, die großartig erzählt sind und humorige Einblicke in das Leben dieses oberschwäbischen Originals geben. „Jugend forscht“war das Thema, und dabei lernte Sägmüller physikalische Grundgesetze wie den Energieerhaltungssatz. Klingt harmlos, doch ein altes Motorrad, das theoretisch 200 Kilometer pro Stunde schnell läuft und praktisch im Werkzeugkeller an die Wand kracht – bei Sägmüller blieb kein Auge trocken.
Zum Schluss blieb das gemeinsam gesungene Abschiedslied „Ade“– und die Erkenntnis von Angele „Leck mi am Arsch – war des geil heid Oabend“.