Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Louis, der aufrechte Einzelgänger
In Philadelphia sorgt ein Gorilla namens Louis für Furore. Der 18-jährige Silberrücken hat sich als Erster seiner Art angewöhnt, beim Essen aufrecht zu gehen, um seine Hände vor Schmutz zu bewahren. Gorillas bewegen sich gemeinhin im vierfüßigen Knöchelgang fort, stützen sich also auf die zweiten und dritten Fingerglieder. Nicht so Louis. Der Krabbelverweigerer mag es gar nicht, wenn Dreck ins Essen fällt, generell lehnt er Schmutz ab. Das führte dazu, dass die Pfleger einen Feuerwehrschlauch über einer Schlammkuhle aufhängen mussten, damit Louis darüber hinwegschwingen kann. Wo soll das bloß hinführen, wenn Menschenaffen wie Homo sapiens werden wollen?
Vermutlich wird sich Louis bald ein Handy kaufen und beim Simsen aus Versehen doch in die Schlammkuhle laufen. Er wird sich rasieren und eifersüchtige WhatsApp-Botschaften senden, wenn seine Traumfrau einen Traumgorilla mit Vollbart auserwählt hat. Und natürlich wird er versuchen, noch perfekter zu werden. Wird Yogaund Meditationskurse für Affen besuchen, Skifahren und ins Studio gehen, um fitter, happier und more productive zu sein, wie Radiohead-Sänger Thom Yorke mal sang – stärker, glücklicher, produktiver und: ein wertvolles Modelmitglied dieser Gesellschaft. Ab und an wird Louis Wut, Neid, Rachegelüste und Depressionen empfinden, weil die anderen Gorillas nicht das tun, was er gerne hätte. Und wenn er ganz viel Pech hat, wird er sich abends beim Bier Heidi Klum, Helene Fischer und Big Brother reinziehen, feixend. Irgendwann wird Louis sich denken: Nichts Menschliches ist mir fremd, aber ich wäre besser Affe geblieben. Am Boden. (zak)