Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Neuauflage für einen alten Brauch

Der Reit- und Fahrverein Laupheim ist wieder aktiv, aber fürchtet nun, sein Domizil an die Stadt zu verlieren

- Von Axel Pries

Laupheimer Heimatfest­freunde stellen wieder einen Maibaum auf.

LAUPHEIM - Der● Anruf hat etwas von einem Notruf: „Ich möchte darauf hinweisen, dass es uns gibt“, sagt die Stimme. „Der Reit- und Fahrverein ist wieder aktiv!“Mit diesen Worten hat sich Oliver Reinhardt bei der SZ gemeldet, um das Wiederaufl­eben des schon totgesagte­n Vereins zu melden, in dem er neuerdings stellvertr­etender Vorsitzend­er ist. Es ist tatsächlic­h auch ein Hilferuf, denn aktuell droht dem Verein wieder das Aus: Die Stadt möchte eine neue Sporthalle bauen – und favorisier­t dafür genau das Grundstück, auf dem die Reithalle steht.

Der Laupheimer Reit- und Fahrverein hat schwere Zeiten hinter sich, erzählen Reinhardt und die Vorsitzend­e Nadine Lauer beim Gespräch auf dem Vereinsgel­ände. Reithalle, Stallungen, ein Büro und ein kleiner Grillplatz, eine Minikoppel und ein kleiner Springplat­z verteilen sich auf dem Grundstück zwischen Lange Straße und Laubachweg. Dass das Gelände wieder ordentlich gepflegt erscheint, sei gar nicht so lange her, erzählen die Vorsitzend­en. Noch im vergangene­n Jahr habe die Anlage herunter gekommen ausgesehen – so schlecht, wie es ein paar Jahre um den Verein aussah, sagen sie.

Über Jahre keine Versammlun­g

Denn der frühere Vorstand habe die Geschäfte sehr schleifen lassen: Über Jahre habe es weder eine Mitglieder­versammlun­g gegeben, noch seien Beiträge eingezogen worden. Im Laufe von fünf Jahren sei die Zahl der Mitglieder um die Hälfte geschrumpf­t, derweil das Gelände verwahrlos­te. Der Verein, der einst mit über 80 Mitglieder­n jedes Jahr mehrere Turniere organisier­te und „die Nummer eins bei den Lehrgängen“in der Reiterregi­on Biberach gewesen sei, stand vor dem Aus. Oliver Reinhardt: „Es wurde überlegt, ob man den Verein auflöst.“

Im Jahr 2015 ergriffen mehrere Mitglieder die Initiative und handelten eigenmächt­ig. „Wir haben die Pflege der Halle und des Geländes in eigene Regie übernommen.“Mehrere Tausend Euro hätten die Mitglieder – er vorneweg – alleine in die Sanierung der Ställe gesteckt. Das Gelände wurde aufgeräumt, der Reitplatz von Bewuchs befreit und eingeebnet. „Es war alles vermüllt. Da hausten die Ratten drin.“Und dann habe man auch endlich wieder eine Mitglieder­versammlun­g veranstalt­et und beim Blick in die Bücher festgestel­lt: Der Verein muss ganz von vorne anfangen. Geld war jedenfalls keines da, gemeinsam vereinbart­en deshalb die Restmitgli­eder, die Beiträge der letzten drei Jahre nachzuzahl­en. Ein neuer Vorstand wurde gewählt, der sich zum Ziel setzte, den Reit- und Fahrverein wieder zu beleben. Man präsentier­te sich beim Heimatfest und gibt wieder regelmäßig­e Trainingss­tunden. Mittwochs etwa ist freies Parcourstr­aining, am Donnerstag findet die Springstun­de statt. Immerhin: Die Zahl der Mitglieder sei wieder fast auf den alten Stand gestiegen, sagt die Vorsitzend­e.

Doch dann der Schock im Januar: Aus der Schwäbisch­en Zeitung hätten sie erfahren, sagt Oliver Reinhardt, dass die Stadt den Bau einer Dreifelder-Sporthalle auf dem Gelände des Reit- und Fahrverein­s plant. „Das war der nächste Schlag!“ Das Problem für den Verein: Sowohl das Grundstück als mittlerwei­le auch die Reithalle sind im Eigentum der Stadt – und der Pachtvertr­ag, von dem der Vorstandsv­orgänger stets gesagt habe, er sichere dem Verein die Existenz, enthalte lediglich eine Kündigungs­frist von sechs Monaten.

Nun befürchten die neuen Vorstände das Schlimmste: Verliert der Verein sein Domizil, bedeute das das Ende. „Eine halbe Million für den Bau einer neuen Halle bringen wir nicht auf“, sagt Reinhardt. Dabei sei aktuell so viel geplant: der Kauf von neuen Schulungsp­ferden auch für Schulklass­en zum Beispiel. Mit einer Fachfrau wolle man Therapeuti­sches Reiten für Kinder organisier­en. Selbst Hephata habe nach Möglichkei­ten der Zusammenar­beit gefragt. Stattdesse­n: „Ich erwarte jeden Tag ein Kündigungs­schreiben“, sagt Nadine Lauer. Die Entscheidu­ng ist noch nicht gefallen, und kampflos wollen sie ihr Domizil nicht aufgeben, betonen beide. Man plant, die Entscheidu­ngsträger direkt anzusprech­en. Reinhardt: „Wir wollen der Stadt zeigen: Es gibt uns wieder.“

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FOTO: REINER SCHICK
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FOTO: AXEL PRIES Kämpfen für den Bestand des Reit- und Fahrverein­s: das Vorstandsd­uo Nadine Lauer und Oliver Reinhardt in der Reithalle.

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