Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Rat beschließt Gedenkort für Lager Lindele
Architekturstudenten sollen Infopavillon planen – Stadt übernimmt inhaltliche Konzeption
BIBERACH - Vor der Einfahrt zum ehemaligen Lager Lindele (heute Polizeihochschule) soll ein Ort des Gedenkens entstehen. Dies hat der Biberacher Gemeinderat am Montagabend einstimmig beschlossen. Geplant ist ein Infopavillon, entworfen von Architekturstudenten der Hochschule Biberach, der an die wechselvolle Geschichte des Lagers erinnern soll. Das Lager Lindele war unter anderem während des Zweiten Weltkriegs ein Kriegsgefangenen- und Internierungslager (siehe Kasten).
Das Gelände des ehemaligen Lagers sei bereits ein anerkannter Gedenkort, sagte der städtische Kulturdezernent Jörg Riedlbauer im Gemeinderat. Seit Längerem laufen deshalb Überlegungen, wie die Geschichte des Lagers Interessierten auch am Standort selbst nahegebracht werden kann.
Die Verwaltung schlägt vor, dass Architekturstudenten der Hochschule im Wintersemester 2018/19 mehrere Entwürfe für eine Art Infopavillon erstellen sollen, aus denen eine Jury einen Sieger kürt, der dann links neben der Einfahrt zur Polizeihochschule errichtet wird. Dieser Jury sollen Vertreter der Stadtverwaltung, des Gemeinderats, der Hochschule, der Polizeihochschule sowie des Vereins „Städte Partner Biberach“angehören. Außerdem soll zusätzlich zum Pavillon auch ein passendes Kunstwerk in der Mitte des neuen Kreisels vor der Polizeihochschule errichtet werden.
Das inhaltliche Konzept, wie die Geschichte des Lagers an dem neuen Gedenkort dargestellt werden soll, entwerfe das Museum Biberach in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv, so Riedlbauer auf Nachfrage der SZ. Ab Oktober 2018 ist eine Kabinettausstellung zum Lager Lindele im Museum geplant. „Sie wird das Grundgerüst für die inhaltliche Gestaltung des Gedenkorts bilden“, sagt der Kulturdezernent.
„Vieles ist den Bürgern bekannt“
Im Rat stieß der Vorschlag auf Zustimmung in allen Fraktionen. Die Geschichte des Lagers sei von Historikern inzwischen zwar gut erfasst, „vieles ist den Bürgern aber nicht bekannt“, sagte Peter Schmogro (CDU). Durch die Toten, die zum Großteil in Biberach bestattet seien, werde das Ganze zur Biberacher Stadtgeschichte. Wichtig sei seiner Fraktion neben dem Gedenkort selbst auch ein passendes pädagogisches Konzept. Schmogro machte den Vorschlag, beim Architektenwettbewerb auf den Begriff „Infopavillon“zu verzichten. „Das weckt bereits Assoziationen und schränkt die Kreativität ein.“Seine Frage nach dem veranschlagten Budget für den Gedenkort wurde in der Sitzung nicht konkret beantwortet. Zu hören war, dass es sich um eine fünfstellige Summe handeln soll.
Der künftige Gedenkort entspreche dem Wunsch der SPD, die Geschichte des Lagers in repräsentativer Weise darzustellen, sagte Rudolf Metzger. Von der Planung durch Architekturstudenten erhoffe er sich eine zeitgemäße Umsetzung, die auch junge Leute interessiere. Wichtig sei ihm, dass die gesamte Geschichte des Lagers dargestellt werde, so Metzger.
„Das Lager hat eine wechselvolle, dramatische Geschichte, die es verdient, dargestellt zu werden“, sagte Marlene Goeth (Freie Wähler). Durch die neuen Wohngebiete im direkten Umfeld, den neuen Kindergarten und die neue Klinik werde es in diesem Bereich künftig zu einer hohen Frequenz an Besuchern und Passanten kommen.
Seine Fraktion sei ursprünglich für den originalgetreuen Aufbau eines Wachturms oder einer Baracke gewesen, sagte Peter Schmid (Grüne). „Wir können aber mit der Pavillonlösung leben und finden die Kooperation mit den Architekturstudenten sehr charmant.“
Die FDP stimmte zwar auch für den Gedenkort, hätte sich aber einen anderen Standort gewünscht. Unter dem Gesichtspunkt der Publikumsfrequenz gehöre der Gedenkort auf die Seite der künftigen Klinik, sagte Christoph Funk.
Man habe drei Standorte geprüft, unter anderem auch in der Nähe der Klinik, sagte Baubürgermeister Christian Kuhlmann. Dort befinde man sich aber auf Privatgelände. „Außerdem braucht die Klinik den Platz für ihr Parkdeck.“Die FDP war schließlich mit dem Standort vor der Polizeihochschule einverstanden, weil auch der Innenbereich des Kreisverkehrs noch in die Gestaltung einbezogen wird.
Bis auf Rainer Etzinger (CDU), der sich enthielt, stimmte der Rat dem neuen Gedenkort zu, der laut Kulturdezernent Riedlbauer 2019/20 entstehen soll.
Ein kurzes Video zum Thema gibt es unter www.schwäbische.de/ gedenkort-bc