Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Politik ist gefordert

- Von Reiner Schick

Es war nur ein Nebensatz – und doch klang es fast wie der Hilferuf eines überlastet­en Polizisten. Zwei Jahre lang bleibt Beweismate­rial, mit dem man vielleicht pädophilen Kriminelle­n ihr abscheulic­hes Handwerk legen könnte, unbeachtet auf dem Schreibtis­ch eines Hauptkommi­ssars bei der Biberacher Polizei liegen. Und zwar nicht, weil der Kriminalbe­amte kein Interesse daran hat – sondern weil ihm schlicht die Zeit, und angesichts der psychische­n Belastung vielleicht auch die Kraft dazu fehlte.

Das Polizeiprä­sidium Ulm räumt Personalkn­appheit ein. Weil das ein bundesweit verbreitet­es Problem ist, ist es nicht auszuschli­eßen, dass der Biberacher Fall nur die Spitze eines Eisbergs ist. Gerade vor dem Hintergrun­d der jüngsten Schlagzeil­en über den neunjährig­en Jungen aus Staufen bei Freiburg, der von zahlreiche­n pädophilen Sexualtrie­btätern aufs Übelste missbrauch­t worden ist, mag man sich gar nicht vorstellen, dass in den Unterlagen auf dem Biberacher Schreibtis­ch vielleicht Hinweise auf weitere geisteskra­nke Monster schlummern – und das seit zwei Jahren.

Um das nochmals klar zu betonen: Den bedauernsw­erten Polizisten trifft keinerlei Schuld. Die Politik ist gefordert, solche Hilferufe ernst zu nehmen, und neben Personalof­fensiven auch jede weitere, möglichst schnell wirksame Unterstütz­ung für die Ermittlung­sbehörden mit Nachdruck voranzutre­iben.

Die Politik, wenn auch nur die lokale, ist bei einem ganz anderen Thema gefordert: dem Mobipark der Familie Färber im Freizeitbe­reich Rißtal. Vielleicht bräuchte man die Frage, ob der Betrieb der Festscheun­e und nun des Niedrigsei­lgartens baurechtli­ch in Ordnung ist oder nicht, gar nicht so sehr zu einer öffentlich­en Angelegenh­eit machen. Es könnte auch einfach eine Sache der Stadtverwa­ltung sein, das mit dem Betreiber intern zu regeln. Da sich dort draußen aber schon seit vielen Jahren Vereine nicht wie gewünscht entwickeln können, weil es mit Verweis auf den Bebauungsp­lan keine Genehmigun­g für Projekte bis hin zur Anordnung von Rückbaumaß­nahmen gibt, ist der Umgang der Stadtverwa­ltung mit den Mobipark-Betreibern für die Öffentlich­keit sehr wohl von Belang.

Und man würde sich daher etwas mehr Aufklärung wünschen als schwammige Aussagen, welche die baurechtli­che Situation im Dunkeln lassen. Auch der Verweis auf ein „schwebende­s Verfahren“, mit dem die SZ schon mehrfach vertröstet wurde, ist auf Dauer nicht akzeptabel. Sprich: Klartext ist gefragt.

Dabei geht es nicht darum, den Mobipark zu torpediere­n. Viele betrachten das vielfältig­e Angebot als Bereicheru­ng für Laupheim, und die Bemühungen der Familie Färber, die Anlage in Einklang mit der Natur zu bringen, sind erkennbar. Nur sollten Stadtverwa­ltung und Gemeindera­t endlich mal deutlich machen, was man dort draußen eigentlich möchte und was nicht. Und entspreche­nde Regeln aufstellen, die für alle gelten.

r.schick@schwaebisc­he.de

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