Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Soldat verteidigt Blauhelme
Österreichische UN-Soldaten am Golan ließen wohl syrische Polizisten in den Tod fahren
WIEN - Im Fall der neun Syrer, die 2012 von österreichischen Blauhelmen am Golan offenbar nicht vor einem tödlichen Hinterhalt gewarnt wurden, hat ein ehemaliger Bundesheersoldat seine Kameraden in Schutz genommen. „Der Befehl lautete: nicht einmischen“, sagte der Mann den „Salzburger Nachrichten“. Wenn sie die Syrer gewarnt hätten, wären sie selbst „auf der Abschussliste der Bewaffneten“gelandet.
„Die Österreicher hatten keine kugelsicheren Westen und jeder 30 Schuss Munition. Wir waren nicht dort, um zu kämpfen und auch nicht, um uns in den innersyrischen Konflikt einzumischen“, erklärte der Soldat. Er war bei dem Einsatz im September 2012 nicht dabei, gehörte aber jener 50-köpfigen Kompanie an, die nun ins Zwielicht geraten ist.
Ein von der Wochenzeitschrift „Falter“am Freitag veröffentlichtes Video zeigt, wie die UN-Soldaten zunächst aus der Ferne beobachten, dass sich 13 mutmaßliche Kämpfer der Opposition an einer Gebirgsstraße am Mount Hermon in einen Hinterhalt legen. Als später die neun Syrer, bei denen es sich um Polizisten gehandelt haben soll, den österreichischen Kontrollposten passieren, werden sie von den Blauhelmen offenbar nicht vor dem voraus liegenden Hinterhalt gewarnt.
Anschließend ist zu sehen, wie das Fahrzeug der Syrer unter heftigen Beschuss gerät. Keiner dürfte den Angriff überlebt haben, wie sich aus Kommentaren der österreichischen Soldaten ergibt, die in dem Video zu hören sind. Eine entsprechende Meldung wurde damals auch an die UN in New York geschickt, bestätigte ein UN-Sprecher.
Befehl sei per Funk gekommen
Der frühere Soldat sagte über das Verhalten seiner Kameraden: „Sie haben zu 100 Prozent korrekt gemäß unserem Auftrag gehandelt.“Die in der Videoaufnahme zu hörenden Soldaten erkannte er nach eigenen Angaben wieder. Die Blauhelme besprechen im Video, ob sie die Syrer nicht hätten warnen sollen. Begründung: „Wenn da einer überbleibt (nach dem Beschuss im Hinterhalt), kommt er rüber und schießt uns ab“, ist ein Mann zu hören.
Nach dem von den Soldaten bezeichneten „Himmelfahrtskommando“der syrischen Polizisten diskutieren die Blauhelme noch darüber, ob es überhaupt Sinn macht, einen Krankenwagen zu schicken.
„Die Sprüche auf dem Video sind derbe und nicht korrekt, aber man muss bedenken, die Sprüche stammen von jungen Burschen, die unter Stress stehen“, sagte der ehemalige Soldat den „Salzburger Nachrichten“. Der Befehl sei per Funk vom Kommandanten der Kompanie gekommen und richtig gewesen.
Der Ex-Soldat widersprach damit der Einschätzung des Völkerrechtlers Manfred Nowak, demzufolge die Blauhelme die Pflicht gehabt hätten, die Syrer vor dem Hinterhalt zu warnen. Schlimmstenfalls könnte den Bundesheer-Soldaten eine Anklage wegen Beihilfe zum Mord drohen, weil sie den Syrern „wider besseres Wissen eine falsche Auskunft gegeben“hätten. Unterdessen hat der österreichische Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) wegen des Vorfalls eine Untersuchungskommission eingesetzt.
Eine multinationale UN-Truppe auf den Golanhöhen überwacht seit 1974 den Waffenstillstand zwischen Syrien und Israel. Österreich beendete 2013 seinen Einsatz nach 39 Jahren. Der Zwischenfall hatte laut dem Sprecher des österreichischen Verteidigungsministeriums nichts mit der Entscheidung.