Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Von müden Muskeln bis zum Gesundheitscheck
Ein Blick in den Weltall-Experimentierkasten von Alexander Gerst
KÖLN (AFP) - Der deutsche Esa-Astronaut Alexander Gerst soll am 6. Juni mit einer „Sojus“-Rakete zur Internationalen Raumstation ISS abheben. Seine zweite ISS-Langzeitmission stellt der als Astro-Alex populär gewordene Gerst unter das Motto „Horizons“(Horizonte). 187 Tage wird der 41-Jährige auf der ISS leben und an zahlreichen Experimenten beteiligt sein. Eine Auswahl, basierend auf Angaben des Deutschen Raumfahrtzentrums (DLR):
„Myotones“: Müde Muskeln im All
„Myotones“ist eines der medizinischen Experimente, an denen Gerst teilnehmen wird. Wissenschaftler der Berliner Charité und der Universität von Southampton wollen damit die biomechanischen Eigenschaften des ruhenden menschlichen Muskels untersuchen. Die Ergebnisse sollen für die astronautische Raumfahrt genutzt werden und künftig auch in die Rehabilitation nach Knochenbrüchen einfließen.
„Metabolicspace“: Kabelsalat ade
Beim Experiment „Metabolicspace“des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik der TU Dresden handelt es sich um ein am Körper tragbares Analysesystem für Körperund Stoffwechselfunktionen. Es soll die Überwachung und Auswertung des Astronautentrainings auf der ISS in Zukunft deutlich erleichtern und verbessern. Im Gegensatz zu bisherigen Messsystemen kommt „Metabolicspace“ohne Kabelsalat aus – es handelt sich um einen Gurt.
„Spacetex 2“: Schöner schwitzen
Den Komfort von Astronauten während des Trainings verbessern soll das Experiment „Spacetex 2“. Dabei handelt es sich um eine speziell für die ISS hergestellte Funktionskleidung, die von einem Forschungsverbund aus den Hohenstein-Instituten, der Charité Berlin und dem DLR entwickelt wurde. Die neuen Hightechstoffe sollen den Wärmeaustausch optimieren.
„Asim“: Gewitterstürmen auf der Spur
Beim Experiment „Asim“der europäischen Weltraumagentur ESA geht es um Gewitterstürme in der oberen Erdatmosphäre, die seit vielen Jahren von Wissenschaftlern beobachtet werden. „Asim“soll auf die untere Außenplattform des europäischen Columbus-Labors an der ISS montiert werden und von dort mindestens zwei Jahre lang die Wechselwirkung zwischen Gammastrahlung, Blitzen und Entladungen in der Hochatmosphäre beobachten.
„Eml“: Neue Kamera für heißen Ofen
Den sogenannten Elektromagnetischen Levitator (EML) installierte Gerst bereits am Ende seiner „Blue Dot“-Mission 2014 auf der Raumstation. Im Zuge der Mission „Horizons“soll der Hightechschmelzofen nun eine Highspeedkamera erhalten. Mit dem EML werden materialwissenschaftliche Fragen untersucht. Die entsprechenden Daten sind zum Beispiel wichtig für die Optimierung von industriellen Gießprozessen von Motorgehäusen bis hin zu neuartigen Flugzeugturbinenschaufeln.
„Cal“: Minilabor für große Kälte
Im Mai soll die Nasa-Forschungsapparatur „Cal“(Cold Atoms Lab) auf der ISS eintreffen – ein Minilabor zur Erforschung ultrakalter Atome, bei der deutsche und US-Wissenschaftler auf der Raumstation zusammenarbeiten werden. Im „Cal“werden Atomwolken fast auf den absoluten Temperaturnullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius herabgekühlt. Sie können unter anderem beim Messen von Gravitationswellen und beim Entwickeln von Quantencomputern bedeutsam sein.
„Zeitkapsel“: Wünsche von Schülern
Auch mit einer Zeitkapsel wird sich Gerst auf der ISS befassen. Mit wissenschaftlichen Experimenten hat die Aluminiumkugel aber nichts zu tun: Sie enthält auf einem Datenträger gespeicherte Zukunftsvorstellungen von Schülern. Gerst wird die Zeitkapsel auf der ISS versiegeln und nach seiner Rückkehr dem Bonner „Haus der Geschichte“übergeben. Das zeitgeschichtliche Museum soll sie dann 50 Jahre lang verschlossen aufbewahren.