Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Reiseweltmeister buchen noch im Reisebüro
Der neue Tourismusbeauftragte Thomas Bareiß will mit dem Kompetenzzentrum Tourismus die Branche auf Herausforderungen vorbereiten
BERLIN - Als Reiseweltmeister gelten die Deutschen ohnehin – doch wie bleibt die deutsche Tourismusbranche auch in Zukunft leistungsfähig? Thomas Bareiß (CDU), der neue Tourismusbeauftragte der Bundesregierung und parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, hat den Startschuss für das neue Kompetenzzentrum Tourismus gegeben.
Mit 460 Millionen Übernachtungen und vier Prozent Wertschöpfung ist die Branche laut Bareiß ein starker Wirtschaftszweig. „Mit dem Kompetenzzentrum will man die Branche zusammenbringen und Wissenschaft und Politik mit ins Boot holen, Erfahrungen austauschen und Trends erkennen“, so Bareiß. Das Kompetenzzentrum wurde vor einem halben Jahr ins Leben gerufen und hat jetzt eine erste Studie zum Tourismus in Deutschland vorgestellt. Professor Heinz-Dieter Quack, Projektleiter des Kompetenzzentrums, berichtet über die Ergebnisse der Studie des Marktforschungsinstituts Phocuswright. „Bisher hat Deutschland einen fast einzigartig hohen Anteil an Buchungen über klassische Reisebüros“, so Quack.
Die rund 10 000 Reisebüros in Deutschland haben sogar noch Zuwachsraten. Mit dem Online-Anteil von 42 Prozent bei Buchungen liegt Deutschland weit unter dem europaweiten Durchschnitt von 51 Prozent. Quack ist aber überzeugt, dass der Trend zu digitalen Buchungen auch in Deutschland ankommen wird und eine Anpassung der Geschäftsmodelle nötig machen wird.
Durch das Angebot der digitalen Plattformen würden die Kunden zunehmend die klassischen Formen infrage stellen. Weltweit gibt es laut Quack immer mehr technologiebetriebene Portale, die schon die Reiseleiter ersetzen. Zimmervermittlung von Privatleuten, aber auch Ausflugsund Aktivitätsprogramme im Internet nehmen zu. Nach dem Motto „Jeder kann Reiseleiter werden“würde auf diese Weise zunehmend Konkurrenz zu den klassischen Modellen geschaffen. Das sei weiter nicht schlimm, aber der starke Mittelstand müsse fit gemacht werden fürs Digitale, so Quack.
Miteinander statt Konkurrenz
Auch der neue Tourismusbeauftragte Thomas Bareiß will sich dafür einsetzen. Bei seiner Vorstellung in Berlin schwärmt der Politiker aus Sigmaringen, dass er selbst aus der touristischen Region zwischen Donautal und Bodensee, Schwarzwald, Oberschwaben und dem Schloss Hohenzollern komme. Er freue sich, die Vielfalt und Schönheit von Deutschland zu vertreten – gemeinsam mit den Ländern und Kommunen. Denn dass Deutschland laut Koalitionsvertrag eine nationale Tourismusstrategie anstrebe, solle keine Konkurrenz zu Ländern und Gemeinden einläuten, sondern ein Miteinander.
Ein großes Problem für viele Anbieter in der Touristikbranche ist die sogenannte Urlaubssteuer, die gewerbesteuerliche Zurechnung von touristischen Leistungen. „Ich will schnell das Gespräch mit dem Finanzministerium suchen“, verspricht Bareiß, denn die Steuer könne für kleine Reiseunternehmen und Veranstalter von Omnibusreisen sehr gefährlich werden. Er werde alles versuchen, eine Lösung zu finden, aber es sei ein dickes Brett zu bohren, meinte Bareiß. Und ganz zum Schluss seiner ersten Pressekonferenz als Tourismusbeauftragter kommt dann noch ein kleiner Versprecher, als er vom Tourismusland Baden-Württemberg spricht. Doch schnell korrigiert Bareiß sich: Schließlich ist der neue Staatssekretär jetzt für ganz Deutschland zuständig.