Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Biberach im Zeichen der 68er-Bewegung
Sonderausstellung im Museum beleuchtet die Zeit der Jugendproteste aus regionaler Sicht
BIBERACH- Mit seiner neuer Sonderausstellung „1968“widmet sich das Museum Biberach erstmals einer umfangreichen fachlichen und wissenschaftlichen Aufarbeitung der Zeit der Jugendproteste in Biberach vor rund 50 Jahren. In rund einjähriger Arbeit hat das Team um Museumsleiter Frank Brunecker eine multimediale Schau konzipiert, die auf verständliche Weise erklärt, wie auch Biberach von einer weltweiten Bewegung des Aufbegehrens erfasst wurde. Zu sehen ist die Ausstellung vom 12. Mai bis zum 14. Oktober.
Wer die Ausstellung betritt, wird zunächst zurück gebeamt in das Biberach der frühen 60er-Jahre. „Biberach war mausgrau und lag etwas im stillen Winkel und hatte idyllische Eigenschaften.“Dieses Zitat des Schriftstellers K. D. Diedrich prangt über Schwarz-Weiß-Ansichten der Stadt von 1963. Gegenüber steht der hölzerne Amtssessel des Oberbürgermeisters mit geschnitztem Stadtwappen, der noch bis 1994 genutzt wurde. „Er steht symbolisch für die obrigkeitshörigen und sittenstrengen 1960er-Jahre in Biberach“, sagt Museumsleiter Frank Brunecker.
Geht man um die Ecke, wandelt sich das Bild aber plötzlich. Der Besucher steht inmitten der Jugendpro- teste gegen Bundeskanzler Kiesinger am 22. April 1968 auf dem Marktplatz. Alte Fotos wurden dazu lebensgroß auf Stoffe gedruckt, die von der Decke hängen und selbst wie Protestplakate wirken. Neben den Geschehnissen aus Biberach hängen kleine Plakate in Form bunter Blumen, auf denen weltpolitische Geschehnisse aus dieser Zeit erläutert werden. „Flower Facts“nennen sie die Ausstellungsmacher. „Wir wollen die Biberacher Ereignisse einordnen in ihren gesamthistorischen Kontext“, so Brunecker.
Ein Highlight der Ausstellung ist sicher ein achtminütiges Filmdoku- ment von Kiesingers Auftritt in Biberach, das sowohl Ausschnitte aus der Rede des Kanzlers als auch den außer Kontrolle geratenden Protest der jungen Leute zeigt. „Man sieht hier gut, dass die Gewalt nicht von den jungen Leuten, sondern von Biberacher Bürgern ausging“, sagt der Museumsleiter, der im Archiv des Bayerischen Rundfunks auf den lange verschollen geglaubten Film stieß.
Klamotten und Musik
Dokumentiert werden in Wort, Bild und Film auch der Schülerstreik am Wieland-Gymnasium 1969 sowie der Skandal um die Schülerzeitung „Ven- ceremos“. „Die Schulleitung setzte auf Autorität und wunderte sich, dass die nachfolgende Generation nicht mehr parierte“, sagt Brunecker. Neben den politischen Diskussionen fängt die Ausstellung auch das Lebensgefühl der 68er ein. Gezeigt werden Kleidungsstücke und natürlich darf auch die entsprechende Musik aus dieser Zeit nicht fehlen.
Ein Video mit ersten Eindrücken aus der Ausstellung gibt es unter www.schwäbische.de/ ausstellung68- bc